Das Ostern in jeder Woche

Der Sonntag feiert ein 1700-Jahr-Jubiläum

AUGSBURG – Folgende Szenen werden sich in diesem Jahr an vielen Orten abspielen: Trommelwirbel, Fanfaren erschallen. Aus einer Gruppe von römischen Legionären tritt ein Herold hervor und verkündet das Edikt des römischen Kaisers Konstantin: „Alle Richter, Stadtbewohner und Gewerbetreibenden sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne ruhen.” 

Mit diesem kleinen Spiel soll im Laufe des Jahres immer wieder daran erinnert werden, dass heuer vor genau 1700 Jahren das erste „staatliche“ Gesetz zum Schutz des Sonntags erlassen wurde. Genau war dies am 3. März 321. In den Gottesdiensten am dritten Fastensonntag, in denen Diakon Erwin Helmer in der Pfarreiengemeinschaft Weilheim zum Jubiläum der Sonntagsruhe predigt, wird er wegen der Pandemie auf eine genze Gruppe von römischen Legionären verzichten müssen. Aber er hofft, dass in einigen Gottesdiensten wenigstens ein Herold auftreten kann, der die Kernsätze des kaiserlichen Erlasses vorlesen wird.

Seit 2006 kämpft der jetzt pensio­nierte Leiter der Betriebsseelsorge gegen die verschiedenen Versuche, die Sonntagsruhe aufzuweichen. Vor 14 Jahren gründete sich die „Allianz für den freien Sonntag“, der die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), die Bundeskommission der Katholischen Betriebsseelsorge, der Evangelische Verband Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt (KWA), der Bundesverband Evangelischer Arbeitsnehmerorganisationen (BVEA) und die Vereinigte Dienstleistungesellschaft (Verdi) angehören. Einige Jahre zuvor schon schloss sich in Österreich so ein Bündnis für den Sonntag zusammen. „Inzwischen haben wir aber in sehr vielen Ländern Europas eine Allianz zum Schutz des Sonntags“, sagt Helmer. 

Aktuelle Begehrlichkeiten

Gerade sei eine Lockerung der Bestimmungen zum Sonntag wieder in der Diskussion, um die Schäden, die die Corona-Pandemie hinterlässt, abzumildern, erläutert der Diakon. Der Handelsverband Deutschland (HDE) habe eine Grundgesetzänderung vorgeschlagen, damit auch am Sonntag, die Läden offengehalten werden können. „Im Moment haben wir noch gute Karten“, beurteilt der Diakon die Lage, denn auf eine Zweitdrittelmehrheit zu einer Grundgesetzänderung kämen diejenigen, die den Sonntag aufweichen wollten nicht. 

Man sei aber „hellwach“, gibt Helmer zu verstehen. Die Zahl der in ganz Deutschland zum Schutz des Sonntags aktiven regionalen Allianzen beziffert er auf 100. Davon gebe es in Bayern allein rund 50 regionale Bündnisse. Ein scharfes Schwert zur Verteidigung der Sonntagsruhe ist, dass man seit November 2015 nicht nur individuell, sondern auch als Verband wegen der Verletzung der Sonntagsruhe klagen kann. In Augsburg habe man zwei verkaufsoffene Sonntage an Michaelis am 29. September und am Europatag Anfang Mai zu Fall bringen können.

„Uns geht es um die Bewusstseinsbildung für den Sonntag“, macht Helmer deutlich. Wenn man leichtfertig in den Sonntag hineinarbeite, dann seien Treffen und Feiern für Familie und Freunde, an denen alle teilnehmen können, nicht mehr möglich. Für Christen komme dann noch der religiöse Aspekt hinzu. 

Am Sonntag Danke sagen

Das findet auch Diakon Georg Steinmetz, Helmers Nachfolger als Leiter in der Betriebsseelsorge in der Diözese. „Der Sonntag ist das Wochenostern, an dem wir die Auferstehung Christi feiern“, erinnert Steinmetz. Es tue gut, wie im Sieben-Tage-Rhythmus der Schöpfungsgeschichte durchzuschnaufen. In der Eucharistie am Sonntag könne man Danke sagen, dass wieder eine Woche gut gelungen ist, dass man etwas produziert hat, das anderen dient. An diesem Tag könne man Kraft schöpfen und sich auf Kommendes vorbereiten. 

Die Infragestellung der Sonntagsruhe geht für Steinmetz mit der „geringeren Relevanz der kirchlichen Botschaft“ einher. „Alles, was am Sonntag ausschließlich dem Profit dient“, ist für den Leiter der Betriebsseelsorge „kritisch zu betrachten“. Wenn aber Arbeit am Sonntag dem Wohl des Menschen dient, hält er Arbeiten am Sonntag für vertretbar. Ausnahmen sieht er im Gesundheitswesen oder bei Polizei und Feuerwehr, aber auch das Öffnen von Restaurants, Cafés und Museen rechnet er dazu. Gerhard Buck

Information 

Um das Jubiläum des freien Sonntags am Mittwoch, 3. März, zu würdigen, hat die Betriebsseelsorge der Diözese eine Podcastreihe aufgelegt, die immer mittwochs erscheint. Sie steht unter dem Motto „Ohne Sonntag gibt‘s nur Werktage“. Man kann sie unter https://anchor.fm/bss-augsburg nachhören.