Die Galerie St. Ottilien zeigt bis 28. November Arbeiten von Fritz Winter

Als entartet diffamiert

ST. OTTILIEN – Fritz Winter (1905 bis 1976) zählt zu den wichtigsten abstrakten Künstlern der Nachkriegszeit. Er war Schüler von Wassily Kandinsky und Paul Klee, nachdem er sich auf Anraten seines Zeichenlehrers 1927 beim Staatlichen Bauhaus in Dessau beworben hatte. 

Nach Schließung des Bauhauses 1933 wurde er mit einem Mal- und Ausstellungsverbot belegt und als „entarteter Künstler“ diffamiert. Ab 1939 war er als Soldat an der Ostfront eingesetzt. Dort entstanden auch die in der Ausstellung gezeigten Skizzen. Sie sind eine Art Kriegstagebuch, diese postkartengroßen Kohlezeichnungen, die auf allem entstanden, was er gerade parat hatte: Notizzettel oder auch Packpapier, selbst die Kohle stellte er zum Teil selbst her, als Sohn eines Bergmanns kannte er die Vorgehensweise. 

Diese „Feldskizzen“ gelten als Zeugnis seines künstlerischen Widerstands. Auf Grund einer schweren Verwundung durfte Fritz Winter von  Dezember 1943 bis Februar 1944 im Militärhospital St. Ottilien seinen Genesungsurlaub verbringen. An diesen Aufenthalt möchte die  Galerie erinnern, indem eine Auswahl der bisher wenig bekannten Zeichnungen gezeigt wird, die von der Familie des Künstlers und der Fritz-Winter-Stiftung zur Verfügung gestellt wurden.

Vor dunklem Hintergrund und hinter Glas sind die kleinen Bilder mal als Zyklus in einem großen Rahmen zusammengefasst, mal sind sie auch einzeln gehängt. Die Themen Erde, Licht, Pflanzenwelt, gemalte Töne sind ein Überbegriff. Ganz bewusst wurde laut dem Leiter der Klostergalerie, Pater Cyrill Schäfer, auf Beschriftungen verzichtet. Die Bilder sollen so, wie sie dargestellt sind, auf den Betrachter wirken. Wer jedoch ganz genau hinsieht, kann am unteren Rand der Zeichnungen einen Titel und das genaue Datum der Entstehung erkennen. 

Hervorgehoben in der Mitte der Galerie und auf einer extra Wand sind die einzigen vier farbigen Bilder zu sehen, ein Zyklus, ebenfalls ohne Beschriftung. In einem kleinen Nebenraum der Galerie läuft ein Film, der den Künstler Anfang der 1960er Jahre zeigt, wie er sein Werk und seine Arbeitsweise vorstellt und erklärt. 

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Fritz Winter in seinem Haus in Dießen am Ammersee, in dem sich auch das Fritz-Winter-Atelier befindet. Ein Katalog zur Ausstellung, der auch Einblick in die komplexe und symbolgeladene Bildsprache des Künstlers gibt, ist vor Ort oder im Buchhandel erhältlich.

Die Galerie St. Ottilien besteht seit 2002 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, künstlerisches und kulturelles Wirken im Umkreis der Benediktiner-Erzabtei zu fördern. Der Pandemie geschuldet sind die derzeitigen Öffnungszeiten nur von Freitag bis Sonntag 17 bis 20 Uhr. Besuch außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung unter Telefon 0 81 93/7 17 11.

Der Eingang zur Galerie befindet sich auf der Rückseite des Klosterladens. Die Ausstellung ist bis zum 28. November zu sehen.

Gabriele Rabl

05.11.2021 - Ausstellungen