"Kirche im Mentoring"

Für eine gemeinsame Sache

„Wir wären als Kirche verrückt, wenn wir auf die Begabung von Frauen verzichten würden!“, sagt Kardinal Reinhard Marx. Im Projekt „Kirche im Mentoring“ will die Deutsche Bischofskonferenz Mitarbeiterinnen für Leitungsaufgaben stärken. Ein Jahr lang werden die Mentees dabei von einem Mentor, einer erfahrenen Führungskraft, begleitet. Ein Tandem im Bistum Augsburg bildeten Maria-Anna Immerz und Marlene Gölz.

Immerz ist Theologische Referentin im Generalvikariat, Bischöfliche Beauftragte für den SkF und Diözesanbeauftragte für Rundfunk und Fernsehen. Heute hat sie viel Erfahrung, doch in ihren Positionen war sie stets die erste leitende Frau und musste allein in ihre Aufgaben wachsen. Eine Kompetenz­entwicklung durch das Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ findet sie deshalb besonders wichtig: Denn im kirchlichen Bereich wollen sich Menschen nicht automatisch leitend engagieren. Gerade Frauen fänden kaum Vorbilder. Auch Solidarität müsse gefördert werden, denn Neid sei durchaus ein Problem.  

Besonders unterstützenswert findet sie, dass sich das Programm auch an Frauen aus dem Verbandsbereich richtet. „Gerade hier ist ein gutes Erfahrungsfeld, denn die Struktur eines Verbands ist von Ehrenamtlichen geprägt“, sagt sie. Diese zu gewinnen und zu motivieren erfordere großes Geschick. Man müsse einüben, wie man „Leitung so gestalten kann, dass Menschen mitgehen möchten“.

Ihre Mentee, Marlene Gölz, kommt als Bildungsreferentin der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) aus diesem Bereich. In der Jugendverbandsarbeit sehr aktiv, hat sie erkannt, dass es in die Leitung gehen könnte. Sie hat Mitarbeiterführung als zentralen Punkt der Leitung kennengelernt: „Beste Mitarbeiter bringen nichts, wenn sie nicht gefordert und gefördert werden.“

Das Mentoring-Programm, bei dem die Teilnehmerinnen theoretisch und vor allem praktisch an einem Musterprojekt ihre Fähigkeiten kennenlernten und vertieften, hat sie sehr weitergebracht. Neben den Seminaren halfen ihr vor allem die vierwöchentlichen Tandemtreffen mit ihrer Mentorin Immerz. Gölz brachte hierzu Themen und Pläne rund um ihr Projekt mit und erhielt von ihrer „Zusprecherin“ Rat. Gleichzeitig lernte sie, Arbeitsschritte und Verhalten zu reflektieren. Das Programm schulte sie auch bei Fragen des richtigen Auftretens.

Person im Mittelpunkt

Dass sie als Leitungsfigur mit Problemen und Sorgen nicht alleine ist, vermittelte ihr die Intervisions­gruppe, bei der sich die Mentees zum kollegialen Austausch trafen. Die Frauen aus vielen Diözesen erweiterten Gölz’ Blick und stärkten sie. Das zeichnet das Mentoring-Programm aus: dass es „nicht darum ging, jemanden nach vorne zu katapultieren, sondern um die ganze Person“, sagt sie. 

Frauen, die an eine Leitungsposition denken, raten Gölz und Immerz, die eigene Persönlichkeit zu reflektieren. „Eine gute Leitungs­figur ist, wer sich formen lässt, auch durch selbstkritischen Blick“, sagt Immerz. Fähigkeiten, die man fördern kann, kämen hinzu. Ebenfalls spiele Institutionskompetenz eine Rolle. Frauen sollten sich fragen: „Wie ist das Bistum?“ – „Wie bin ich dort verankert?“ – „Wo und mit wem kann ich gut agieren?“ Sie sollten aber auch den Mut haben zu sagen, unter welchen Bedingungen sie eine Leitung übernehmen wollen.

Ihre Mentee rät ebenfalls dazu, sich frühzeitig mit der eigenen Persönlichkeit und Haltung auseinanderzusetzen und zu reflektieren, welche Auswirkungen beides auf das Verhalten und die Verhältnisse der Tätigkeit hat. „Das kann jede Frau in jedem Beruf“, sagt Gölz. „Und“, fügt sie hinzu, „unterstützt euch gegenseitig, auch wenn nur eine den Posten bekommen kann!“ Zuletzt sollen sie den Mut haben, wegzugehen vom „Hätte-sollte-könnte“ zum „Ich muss sichtbar sein“. 

Gölz’ Modellprojekt „Action­bound Auxe“ kann sich ebenso sehen lassen: Eine interaktive Schnitzeljagd lässt Jugendliche ab zwölf Jahren in Kleingruppen vier Augsburger Kirchen entdecken und ihrem eigenen Glauben näherkommen.

Lydia Schwab

 

Frauen in kirchlichen Leitungspositionen

Im Interview mit unserer Zeitung spricht Harald Heinrich, Domkapitular und Leiter der Personalabteilung.

Herr Domkapitular, was hat das Bistum veranlasst, am Mentoring-Programm teilzunehmen?

Bischof Konrad Zdarsa hat die Option der Bischofskonferenz für mehr Frauen in Leitung stark unterstützt. Das dort angestoßene Programm bietet gegenüber Leitungs-Kursen Extras: Im Mentoring begleiten erfahrene Leitungskräfte Jüngere – das gibt ihnen gute Kenntnis vom Bistum und Solidarität: Personalentwicklung ist nicht nur Sache der Chefs, sondern aller! Gut ist der Austausch der Frauen verschiedener Diözesen. Und Lernen am konkreten Projekt. Da nicht alle Bewerberinnen ins Mentoring-Programm kamen, haben wir im Bistum den Kurs „Gezielt Hin-Führen“ gestartet – für Frauen und Männer. 

Wo sind Frauen in der Diözese bereits erfolgreich in Leitungs­positionen tätig?

Seit Jahrhunderten leiten Ordensfrauen ihre Gemeinschaften und Einrichtungen. Ehrenamtliche Frauen führen Verbände, etwa den KDFB oder SkF; und Pfarrgemeinderäte. Vorsitzende des Diö­zesanrats ist Hildegard Schütz. In der „hierarchisch verfassten“ Kirche ist Aufholbedarf. Auf Leitungsebene tätig ist mit Frau Prof. Dr. Gerda Riedl derzeit die zweite Frau. Den Pfründestiftungsverbund führt Diane Rußwurm, das Kirchensteueramt Marion Frischkorn. Im Seelsorgeamt sind Abteilungsleiterinnen; auch im Caritasverband. Und es gibt erfahrene Büroleiterinnen.  

Welche Fähigkeiten zeichnen Frauen bei ihrer Tätigkeit besonders aus? 

Vorsicht mit Pauschal-Zuschreibungen! Frauen sind Individuen, auch in Leitung. Ich schätze an mir bekannten „Leitungsfrauen“ Verbindlichkeit und hohe Sachorientierung, Fleiß; und den Willen, fürs Ganze zu schauen, viele einzubeziehen. Und Studien zeigen: Teams aus Männern und Frauen sind am erfolgreichsten.  

Interview: Lydia Schwab