Gruft von St. Peter Neuburg

Eine illustre Gesellschaft

NEUBURG/DONAU – Im November 1646 wurde die Pfarrkirche St. Peter in Neuburg an der Donau geweiht und im vergangenen Jahr zum 375. Jubiläum saniert. Aus diesem Anlass wurde die sonst unzugängliche Gruft für Besucher geöffnet. 

Elf aus Ziegelsteinen gemauerte Stufen führen hinab in die T-förmige Gruft, in der es keineswegs muffig riecht. Was an den beiden Lüftungsschächten am Ende liegt, die für ein konstantes Klima in der Tiefe unter dem Altarraum sorgen. Durch einen ungefähr fünf Meter langen und eineinhalb Meter breiten Gang mit drei Reihen zu je neun Grabnischen an beiden Wänden gelangt der Besucher in den schmalen Querschenkel. Dort befinden sich an der Rückwand weitere zehn Nischen. 

Nur 70 Jahre lang wurde die Gruft von St. Peter für Bestattungen genutzt. Die erste gesicherte fand im Jahr 1713 statt, die letzte anno 1783. Verschlossene, aber nicht beschriftete Grabnischen lassen auf eine frühere Nutzung schließen. „Ein Hauptgrund der intensiven Grabbelegung dürfte die ,Augenwendmadonna’ sein, die St. Peter zu einem Wallfahrtsort machten“, erklärt Stadtführer Armin Steger, der sich intensiv mit der Gruft auseinandergesetzt hat. Beziehungsweise das Wunder, das der 1,70 Meter großen Madonnenfigur zugeschrieben wird. 

Das Gnadenbild stand in der Pfarrkirche St. Peter, als der wortgewaltige Kapuzinermönch Marcus von Aviano auf seiner Missionsreise im Oktober 1680 für vier Tage nach Neuburg kam. Während seiner Predigt in St. Peter fiel Gottesdienstbesuchern auf, dass die Statue ihre Augen senkte, sie von rechts nach links wendete und wieder auf den Prediger richtete. Nach Stadtpfarrer Dominikus Loth erlebten auch Pfalzgraf Philipp Wilhelm und seine Gemahlin Elisabeth Amalie Magdalene von Hessen-Darmstadt das Wunder der Augenwende. Der spätere Kurfürst von der Pfalz stiftete daraufhin ein Chorherrenstift. 

Auch für weltliche Leute

Die Gräber der Chorherren sind an Kelchen zu erkennen, die in die Grabplatten eingemeißelt sind. „Es wurden aber auch normale Leute hier bestattet“, berichtet Steger, „darunter etliche Ehefrauen angesehener Bürger, zwei Jungfrauen und die kurfürstliche Hofmusikantin Anastasia Buresina“. Das älteste noch vorhandene Grab ist das der Ratsehefrau Maria Magda-Anna Sheper, die am 7. Juli 1713 im Alter von 35 Jahren starb. Nur 21 Jahre alt wurde Fräulein Josefa Theresia Franziska Kugler, gestorben am 1. Februar 1727. Der letzte, der hier bestattet wurde, war Pfarrer Franz Theodor Linnenborn, der am 12. März 1783 im Alter von 63 Jahren das Zeitliche segnete. Warum danach bis zur Säkularisation anno 1803 keine Grablegung mehr erfolgte, dafür hat Steger noch keine Erklärung. Das Chorherrenstift wurde noch im selben Jahr aufgelöst. 

Die Liste der Verstorbenen liest sich wie das Who-is-Who der damaligen Zeit. Hofkämmerer und Landschaftsrat, kurfürstlich-pfälzischer Geheimrat und Oberstjägermeister, Hofrat und oberster Marschkommissär, Rat und Präfekt, Forstmeister, Handelskaufmann und Hofkammerrat. Hier ist eine illustre Gesellschaft versammelt. Bei Bürgermeister Johann Michael Aurn­hammer ist vermerkt, dass er an Palmsonntag verstorben ist und bei Kaufmannswitwe Maria Theresia Portay das genaue Sterbealter von 62 Jahren, fünf Monaten und sieben Tagen am 15.4.1757.

Die Grabinschriften spiegeln sozusagen die damalige Gesellschaft – zumindest die höhere. „Den Platz konnte man sich durch Vermächtnisse, Geschenke und höhere Geldspenden kaufen“, erklärt Steger.„Der Tod galt damals als Ziel des Lebens, auf das jeder Gläubige hinarbeitete. Niemand hatte Angst vor dem Tod“. Ein Grab in geweihter Erde war sozusagen die halbe Miete auf dem Weg ins Paradies.

Andrea Hammerl

04.04.2022 - Historisches