Ökumenischer Tag der Schöpfung in Lindau

Schutz der Natur fordert Kirche und Staat

LINDAU – Konfessionsübergreifend ist der bundesweite Tag der Schöpfung am Bodensee gefeiert worden. Erstmals war diese zentrale Feier international geprägt – mit Stationen im deutschen Lindau, im österreichischen Bregenz und im schweizerischen Romanshorn. Bischof Bertram Meier distanzierte sich von der AfD und appellierte, sich nicht von Leugnern des Klimawandels blenden zu lassen. 

Symbolträchtiger hätte der Ort für das ökumenische Mittagsgebet, der zweiten Etappe dieser Dreiländerfahrt, kaum sein können: Es fand am „Ring for Peace“ auf dem Gelände der Gartenschau Lindau statt. Dieser überdimensionale Holzring steht seit der zehnten Weltversammlung von „Religions for Peace“ 2019 in Lindau als dauerhaftes Symbol des Friedens zwischen allen Religio­nen. Und nun versammelten sich hier Christen vieler Konfessionen, um beim Anblick von See und Bergen gemeinsam für die Bewahrung der Schöpfung einzutreten. 

„Damit Ströme lebendigen Wassers fließen“ lautete das Motto des Tages. Bischof Bertram Meier bezog sich in seiner Predigt in Lindau auf den Sonnengesang des heiligen Franziskus, der darin auch das Wasser mit den Worten preist: „Es ist nützlich und demütig, kostbar und keusch.“ In Bezug auf die Keuschheit folgerte Meier daraus: „Wie Wasser sollen wir sein: klar wie ein See, klar wie ein Bach.“ Die Demut von Wasser interpretierte er so: Von der Quelle bis zum Meer fließe das Wasser stetig hinab. „Wir anders sind oft wir Menschen. Wir pumpen uns auf, wir mandeln uns auf, immer noch höher hinaus“, sagte er. „Vom Wasser können wir uns Demut und Keuschheit abschauen.“ 

Der Bischof ermutigte die Menschen, sich für den Schutz der Umwelt einzusetzen. Er mahnte, die Klimakatastrophe ernst zu nehmen. „Wer meint, das trifft nicht zu, und damit glaubt, eine Alternative für Deutschland setzen zu sollen, der verbreitet alternative Fakten, Fake News“, erklärte Meier. Die Bewahrung der Schöpfung sei auch nicht nur das Programm einer bestimmen politischen Farbe. „Es betrifft die Buntheit der Kirche, die Buntheit des Parteienspektrums. Die Bewahrung der Schöpfung ist uns miteinander ins Stammbuch geschrieben.“

Erlebbar war an diesem Tag auch die Vielfalt der Christenheit: Am Mittagsgebet wirkten Vertreter der römisch-katholischen, evangelisch-lutherischen, griechisch-orthodoxen und russisch-orthodoxen Kirchengemeinden mit. Der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Deutschland gehören insgesamt 18 Kirchen an. Beim Schöpfungstag arbeitete sie mit der ACK Bayern, dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich und der ACK in der Schweiz zusammen.

In der Pressekonferenz wurde deutlich, dass sich Ökumene nicht nur auf die beiden großen Kirchen bezieht, sondern kleinere Kirchen einschließt. Der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron, Vorsitzender der ACK in Deutschland, registrierte „mit Freude“, wie er sagte, einen Bewusstseinswandel weg von der Zweigleisigkeit. Dennoch stellte er fest: „Wir wissen zu wenig voneinander.“ Den anderen wahrzunehmen wie er ist sei „eine ökumenische Tugend“.

Einen konkreten ökumenischen Auftrag sah Bischof Bertram Meier, der die Deutsche Bischofskonferenz im Vorstand des ACK vertritt, in der Taufe. Er verwies darauf, dass viele, aber noch nicht alle Mitgliedskirchen der ACK vor einigen Jahren eine Erklärung zur wechselseitigen Anerkennung der Taufe unterzeichnet haben. In Bezug auf das Thema des Schöpfungstags erklärte er: „Wasser ist grenzenlos. So ähnlich sehe ich das in Analogie auch beim Wasser der Taufe.“ Damit bekräftigte er einen Gedanken seiner Predigt: „Ich wünsche mir, dass wir mit diesem Wasser der Taufe weiterkommen in der Ökumene.“

Quagga-Muscheln

Neben Liedern, Gebeten und Ansprachen gab es auch konkrete Anregungen, wie Wasser geschützt werden kann. In Lindau gewährte Georg Gewinner, Leiter des Seewasserwerks Nonnenhorn, Einblicke in die Trinkwasserversorgung am Bodensee. Unter anderem berichtete er, dass sich Quagga-Muscheln stark ausbreiten und an Saugleitungen festsetzen. Er appellierte, mit der Ressource Wasser sorgsam umzugehen.

Reich an inhaltlichen Impulsen waren auch die weiteren Stationen, die mit Schifffahrten verbunden waren. Ein Morgenlob mit dem römisch-katholischen Bischof von Feldkirch, Benno Elbs, im Hafen von Bregenz eröffnete den Schöpfungstag. Eine orthodoxe Wassersegnung mit Erzpriester Radu Constantin Miron schloss sich an. 

Die bayernweite Zentralveranstaltung des Schöpfungstages findet ebenfalls in der Diözese statt: an diesem Sonntag, 12. September, um 17 Uhr an der Wegkapelle bei Gundelfingen-Peterswörth. 

Ruth Eberhardt

09.09.2021 - Ökumene