Schwester Esther Mayr betreute betagte emeritierte Priester und ihre Haushälterinnen

Mit viel Fingerspitzengefühl

AUGSBURG – Schwester Esther Mayr aus dem Orden der Franziskanerinnen von Maria Stern mit dem Mutterhaus in Augsburg ist eine bemerkenswerte Frau. Noch als 74-Jährige stellte sie sich einer neuen Aufgabe: Sie übernahm den Sozialdienst für emeritierte Priester in der Diözese Augsburg. 

Mit großem Engagement kümmerte sie sich um die Ruhestandsgeistlichen und oft auch um deren Pfarrhaushälterinnen. Sieben Jahre füllte Schwester Esther diese so wichtige Tätigkeit mit Herz und Leben. Nun hat sie den Dienst im Alter von 81 Jahren an Pfarrer Franz Götz und seine Schwester Barbara übergeben. 

„Die emeritierten Priester waren für mich ein ganz besonderes Geschenk.“ Diesen Satz spricht Schwester Esther, wenn sie auf ihr siebenjähriges Wirken im Sozialdienst für emeritierte Priester zurückblickt. Ein Geschenk, so möchte man anfügen, das aber auch viel Arbeit machte. Denn die Franziskanerin hatte diesen Dienst in einer Diözese mit fast 14 000 Quadratkilometern Fläche auszuüben. 

Da braucht es schon jemanden, der viel Freude am Autofahren hat, scherzt sie. Zudem galt es auch, vier Ruhestandsgeistliche zu besuchen, die ins Berchtesgadener Land gezogen waren. Als Schwester Esther für diese deutschlandweit einmalige Aufgabe angefragt wurde, bat sie um „eine Nacht zum Überschlafen“. Dann aber sagte sie zu. 

Ein großer Feind 

Nun galt es, Geistliche im Ruhestand zu besuchen, die Hilfe benötigten. Schwester Esther sorgte sich auch um die Pfarrhausfrauen, die sich oft Jahrzehnte des Priesterhaushalts angenommen und mit vielen zusätzlichen Aufgaben in der Pfarrei engagiert hatten. „Ich weiß von Pfarrhaushälterinnen, alt und krank, die es nicht mehr schafften, den gebrechlichen Pfarrer und den Haushalt zu versorgen.“ Das waren Situationen, in denen Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt waren und vor allem: lange, behutsame Gespräche, um beide für einen Umzug in ein Seniorenheim zu begeistern. Dazu kam noch die ganz praktische Seite des Anpackens und Handanlegens. 

Schwester Esther erinnert sich rückblickend an freudige, aber auch traurige Begegnungen. Ein plötzlicher Schlaganfall veränderte ein Leben von einer Sekunde auf die andere. Priester, die sich schwer beim Übergang von einem turbulenten aktiven Leben in einen scheinbar ausgebremsten Ruhestand taten. Da stand dann plötzlich ein großer Feind vor der Tür – die Einsamkeit.

 Doch kann die lebhafte Franziskanerin auch von vielen freudigen und schönen Erlebnissen berichten, tiefen interessanten Gesprächen mit „ihren Pfarrern“, lustige Ministrantengeschichten und vieles mehr. Besonders in Erinnerung ist ihr das Wiedersehen zweier befreundeter Priester, beide über 80 Jahre. Schwester Esther hatten ein Treffen arrangierte. 

Lauthals gesungen

Die beiden Geistlichen schwelgten in Geschichten, als sie noch junge Priesteramtskandidaten waren, und verfielen dann selig in die Erinnerung an diese Vergangenheit. Zusammen besuchten sie eine Kapelle. „Dort haben sich die beiden dann im lautstark-frohen Singen überboten“, denkt die Franziskanerin lächelnd an das Erlebnis zurück.

Als Schwester Esther den Sozialdienst für emeritierte Priester übernahm, konnte sie bereits auf ein reiches Leben im Glauben blicken. Sie war noch im Studium, als sie 1963 die erste Profess empfing. Anschließend arbeitete sie 40 Jahre lang als Lehrerin und Leiterin in Schulen und Kinderheimen in Dietfurt und Eichstätt, bevor sie nach Augsburg zurückkehrte und dort zur Provinzoberin gewählt wurde. 

Heute wohnt Schwester Esther Mayr in Augsburg-Bergheim. Nach ihrer Zeit als Provinzoberin genießt sie die friedlich-sanfte Umgebung, die Nähe des Waldes, der Wiesen und Felder. Dankbar blickt sie auf ein Leben zurück, in dem sie sich intensiv um ihre Mitmenschen gekümmert hat. Ingrid Paulus

19.02.2022 - Betreuung