St. Ulrich als Vorbild

Auf Kurs im Schiff der Kirche

AUGSBURG – Amanda Hofele besucht regelmäßig die Gottesdienste in der Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg, und auch zur Erhebung des Ulrichsschreins in der Wallfahrtswoche zu Ehren des Augsburger Bistumspatrons ist sie gekommen. „Ich wohn’ ja da beim Ulrich“, sagt sie. „Und er hat doch damals gegen die Ungarn gekämpft und gesiegt.“

Es ist ein lauer Sommerabend. Die Gläubigen kommen zeitig, um sich unter Corona-Bedingungen einen Platz in der Basilika zu sichern. Jan Sobolic ist als Ordner eingeteilt. Er geht kurz hinaus aus der Kirche, um sich mit einem Schluck aus der Getränkeflasche zu erfrischen. „Alles verläuft in geregelten Bahnen“, versichert er.

Zum Auftakt des Gottesdienstes schmettern die Ulrichsbläser Fanfaren und Basilikaorganist Peter Bader lässt die Orgel brausen. Der A-Chor der Augsburger Domsingknaben stimmt einen Hymnus an: „Wie der Hirsch zur Wasserquelle/ strebt schon an des Lebens Schwelle/ Ulrich hin in Christi Helle“, singen die jungen Männer.

Bischof Bertram Meier heißt die Gottesdienstbesucher – darunter viele Ordensfrauen- und Männer – „an den Gräbern unserer großen heiligen Bistumspatronin Afra und ihres jüngeren geistlichen Bruders Ulrich, dessen Spuren ich als Bischof von Augsburg folgen will“, zur „Stab-
übergabe“ willkommen: Er nimmt die Vesper zum Anlass, dem scheidenden Generalvikar Harald Heinrich zu danken und für den neuen Generalvikar Wolfgang Hacker um Gottes Segen zu bitten.

Der Generalvikar sei das „alter ego“, das „andere ich“ des Bischofs. Bei der Leitung der Diözese sei er dessen engster Mitarbeiter. „Die innere Wellenlänge muss stimmen. Auf ihn verlässt sich der Bischof“, betont der Augsburger Oberhirte. Monsignore Heinrich wird Stadtpfarrer in Dillingen, bleibt aber Mitglied im Domkapitel und gehört damit weiterhin zu den engsten Beratern des Bischofs. „Vergelt’s Gott für die Bereitschaft, dich für den Bischof verfügbar zu halten“, richtet sich Bischof Bertram an ihn.

„Gerade in dieser schwierigen Zeit, da uns der Strudel des Missbrauchsskandals hinunterzieht, hast du entschieden Flagge gezeigt, hast Widerständen getrotzt und bist den Vorgaben der Kirche gefolgt – bei allem Schmerz, der auch dir ins Herz sticht, wenn wieder ein Mitbruder in den dunklen Abgrund oder Dunstkreis des Problems geraten ist. Als Generalvikar warst du mir fester Prellbock, Puffer und pastoraler Motor.“

Teamgeist wecken

Den neuen Generalvikar Hacker begrüßt Bischof Bertram als „Moderator“ im Bischöflichen Ordinariat. In dem Wort schwinge sowohl Leitung als auch Ausgleich mit. „Ich kenne dich nicht als Heißsporn, sondern als ruhigen, besonnenen und zugleich entschlossenen Menschen und Geistlichen.“ Gerade nach Corona müsse der Teamgeist in der Kirche als lebendiger Dienstgemeinschaft wieder wachsen und spürbar werden.

Nach der Predigt holen Träger den Ulrichsschrein, den die Mesner vor der Sakristei aufgebahrt haben. Zum Ulrichslied, das die Gemeinde anstimmt, tragen die vier Männer das golden und silbern glänzende Reliquiar mit den Gebeinen des Bistums-
patrons das nördliche Seitenschiff hinab und durch den Mittelgang im Hauptschiff wieder hinauf. 

Vor dem Volksaltar wird der Reliquienschrein aufgebahrt. Bischof Bertram begrüßt dort seinen Vorgänger, „unseren Bistumspatron St. Ulrich, den wir zusammen mit Afra verehren und darauf vertrauen, dass wir ihn als hervorragenden Fürsprecher bei Gott haben“.

Im Anschluss an den Gottesdienst versammeln sich – coronabedingt nur wenige – Gäste zu einem kleinen Empfang im Garten des Hauses St. Ulrich. Dort gibt Heinrich einen Rückblick auf neun Jahre als Generalvikar unter Bischof Konrad Zdarsa und Bischof Meier. Er habe das Amt mit allen seinen Herausforderungen und Belastungen gerne bekleidet. „Es war eine Zeit, die uns alle gefordert hat“, sagt er. Es galt, die pastorale Raumplanung, die Digitalisierung und nicht zuletzt Corona zu bewältigen. 

Der neue Generalvikar Hacker erklärt, es sei ihm eine Ehre, das Amt zu übernehmen. „Das hängt auch an unserem Bischof, der immer inspirierend und aufbauend ist und stets eine Prise Humor hat.“ Hacker nimmt sich den heiligen Ulrich zum Vorbild: „Er war ein Mann des Mutes und der Entschlossenheit. Er ist der Gefahr nicht ausgewichen, wenn es darauf ankam. Es braucht Mut, um Kurs zu halten im Schiff der Kirche.“

Barbara Lang

09.07.2021 - Bischöfe , Bistum Augsburg , Heilige