Vor 80 Jahren verboten

„Einsatz für das nationalsozialistische Deutschland“ wurde bemängelt

AUGSBURG – „Die katholische Kirche wird nichts zu lachen haben, wenn ich einmal zur Macht gelangt bin. Aber ich brauche die Katholiken, um zur Macht zu kommen.“ So zitiert das Katholische Sonntagsblatt für die Diözese Augsburg 1932 warnend Adolf Hitler und fügt hinzu: „Bischof Joseph von Augsburg hat neuerdings einem seiner Priester das Auftreten in nationalsozialistischen Versammlungen verboten.“

Das Bistumsblatt scheute in der Zeit der Weimarer Republik vor deutlichen politischen Aussagen nicht zurück. Das änderte sich freilich 1933 schnell und drastisch. Die Zeitung wurde konsequent entpolitisiert und wirtschaftlich marginalisiert. Zu Pfingsten 1941, vor genau 80 Jahren, wurde sie schließlich ganz verboten.

Die Gleichschaltung der Presse, die Propagandaminister Joseph Goeb­bels im „Tausendjährigen Reich“ ins Werk setzte, ist an der Kirchenzeitung der Diözese deutlich ablesbar. 1927 war sie gegründet worden; seit 1913 hatte es bereits ein von der Priesterschaft verantwortetes Bistumsblatt gegeben, mit dem sie vereinigt wurde. 

Zunächst hatte sie einen Umfang von nur 16 Seiten. Der Inhalt war aber sehr vielfältig. Neben geistlichen Texten und Berichten aus dem Leben der Diözese gab es auch eine große Rubrik namens „Politische Weltrundschau“, eine Doppelseite mit spektakulären Pressefotos, daneben Unterhaltung und einen recht umfangreichen Anzeigenteil. Jede Woche wurden laut der Jubiläumsausgabe von 2007 durchschnittlich 108 Inserate veröffentlicht – ein Zeichen dafür, dass die Zeitung eine große Leserschaft hatte.

1932 wurde auch von einem Besuch einer Nazidelegation bei Bischof Joseph Kumpfmüller berichtet: „Auf die Klage vom ,Missbrauch der Kanzel‘ erwiderte der Bischof, er wünsche zwar nicht, dass auf der Kanzel Parteien und Parteiführer mit Namen genannt werden, aber der Geistliche habe nicht bloß das Recht, sondern die Pflicht, die katholischen Grundsätze auch für das öffentliche Leben zu vertreten und zu verteidigen.“ Die NSdAP sei ein großer Hut, unter dem „sich mit manchen Gutmeinenden viele unzufriedene Elemente zusammenfinden und besonders solche, die bisher der katholischen Kirche feindselig gegenüberstehen“. 

Der Ton ändert sich

Natürlich konnte das den braunen Machthabern nicht in den Kram passen. Schon ab Februar 1933 ändert sich der Ton der Berichterstattung im Bistumsblatt völlig. Da ist nun zu lesen: „Der nationale Wahlsieg hat in einer siegreichen nationalen Revolution seine Fortsetzung gefunden. Zum äußeren Zeichen wurden auf allen öffentlichen Gebäuden das Hakenkreuz und die schwarz-weiß-rote Flagge gehisst, anfangs in selbständigen örtlichen Aktionen, dann offiziell.“

Solche Veröffentlichungen wurden der Redaktion unter der Drohung eines Verbots der Zeitung vorgeschrieben. Generell wurde die „Politische Weltrundschau“ durch eine viel kleinere Rubrik namens „Politische Kurzpost“ ersetzt. Kritisch kommentierende Artikel fanden sich hier nicht mehr. Die neuen Machthaber bestimmten, dass im Wesentlichen nur noch über religiö­se Themen berichtet wurde. Um das zu verdeutlichen, wurde der Titel von „Katholisches Sonntagsblatt“ zu „Katholisches Kirchenblatt“ geändert. Der Umfang der Bistumszeitung ging zurück, die Anzeigen wurden weniger.

Ob die Bistumszeitung sich auf reine Kirchenthemen beschränken oder das gesamte Weltgeschehen beleuchten soll, und zwar aus dezidiert katholischer Perspektive, war auch lange nach der Nachkriegszeit noch Thema. Das „St. Ulrichsblatt“ wurde 1993 bewusst in „Katholische SonntagsZeitung“ umgetauft. Bischof Viktor Josef Dammertz schrieb dazu 1997, es sei zu hoffen, „dass manch einer über sein Interesse an lebenspraktischen Themen auch Zugang zu religiösen und kirchlichen Fragen gewinnt“.

Ab 1933 war das aber nicht mehr möglich. Das Bistumsblatt war nur noch als Lektüre für sehr kirchentreue Leser geeignet. Mehrmals wechselte der Schriftleiter (damalige Bezeichnung für den Chefredakteur), die Zeitung wurde immer dünner, das Anzeigenaufkommen ging auf 24 pro Woche zurück. Auch hier durften nur noch innerkirchliche Anliegen veröffentlicht werden; so durfte zum Beispiel eine Pfarrhaushälterin eine neue Stelle suchen, aber nicht eine Köchin eines Pfarrers.

Ausgerechnet zu Pfingsten, dem Geburtstag der Kirche, kam 1941 dann das Aus der Zeitung. Der offizielle Grund des Verbots war Papiermangel. Menschen und Material sollten für kriegswichtige Zwecke freigemacht werden, schrieben Verlag und Schriftleitung in der letzten Ausgabe vom 31. Mai. Bereits im Jahr zuvor hatte sich Schriftleiter Rudolf Schwertschlager vom Präsidenten der Reichspressekammer, Max Amann, anhören müssen, der „Einsatz für das nationalsozialistische Deutschland“ fehle wohl in seinem Wörterbuch.

Mit der Lizenz Nr. 6 der amerikanischen Militärregierung wurde die Bistumszeitung im Herbst 1946 wiedergegründet. Andreas Alt

22.05.2021 - Bistum Augsburg , Gedenken