„Verkehrte Welt" bei Pfadfinderinnen

Lagerfeuer zum Frühstück

ZUSMARSHAUSEN – Mit jazzigen Rhythmen dröhnt der Song „Verkehrte Welt“ von Oliver Ehmsen aus den Lautsprechern: „Alle Fische gehen spazieren, selbst der Goldfisch aus dem Glas. Und die Zebras hoch am Himmel haben beim Fliegen richtig Spaß.“ Rund 120 Mädchen aus der ganzen Diözese Augsburg formen dazu mit den Händen ein Goldfischglas und schauen den Zebras beim Fliegen hinterher. 

Die Mädchen nehmen in den Pfingstferien am Diözesanzeltlager der Pfadfinderinnenschaft St. Georg aus Augsburg auf dem Zeltplatz Rücklenmühle in Zusmarshausen teil. Die Altersspanne reicht von sechs bis 16 Jahren. 

Seit dem Jahr 1947, in dem die Pfadfinderinnen gegründet wurden, gibt es alle zwei Jahre ein Diözesanlager. Die Teilnehmerinnen werden von einem Team aus 20 bis 25 ehrenamtlichen Leiterinnen betreut. Einige davon kommen die ganze Woche, andere nur ein paar Tage. 

Dazu gehört auch eine Gruppe von 13 Mädchen im jugendlichen Alter, die eine Leiterinnen-Ausbildung machen, den sogenannte Kompasskurs. Die Pfadfinderinnenschaft ist stolz auf ihre Frauenpower, die sich auch beim Diözesanlager zeigt. „Bis auf die zwei Köche sind alle Betreuer Frauen oder Mädchen“, erzählen die Vorsitzenden Lisa Gabler und Franziska Hankl, die von Schwester Johanna als Kuratin unterstützt werden. 

Die organisatorischen Tätigkeiten zur Vorbereitung des Lagers beginnen rund eineinhalb Jahre zuvor mit der Suche nach dem Zeltplatz. Das Motto wird im Oktober beschlossen. Die inhaltliche Arbeit beginnt im Januar. 

Die Themen der früheren Jahre waren sehr unterschiedlich, zum Beispiel Mittelalter oder Indien. Der diesjährige Leitspruch „Verkehrte Welt“ wurde gewählt, weil er den Kindern Verrücktheiten erlaubt, sich aber damit auch vermitteln lässt, was auf der Welt schiefläuft, zum Beispiel die Dominanz der Männer, die Umweltverschmutzung, die Herstellung von Kleidung mit Sklavenarbeit. Dem wurde bei dem Zeltlager bei einigen Aktionen begegnet. So wurden Märchen feministisch umgeschrieben, so dass keine Klischees von Männern und Frauen mehr darin waren. Ein Seminar widmete sich dem Recycling. 

Doch auch spaßige Verrücktheiten kamen nicht zu kurz. Dafür wurde beim Lager ein „Laparment“ eingerichtet, ein verqueres Parlament. Dieses bestimmte jeden Morgen, was an dem Tag verkehrt laufen sollte. So gab es zum Beispiel einen Tag, an dem alle im Schlafanzug blieben. An einem anderen Tag gab es ein Lagerfeuer zum Frühstück. Ein Beschluss des Laparments ist den Teilnehmerinnen und den Leiterinnen besonders im Gedächtnis geblieben. Da übernahm eine Gruppe von Sechsjährigen die Leitung und organisierte für die eigentlichen Leiterinnen eine Schnitzeljagd. 

Zu den weiteren Aktionen zählten das Gestalten von Allzeit-bereit-Beuteln, Kerzenziehen und Papierschöpfen aus alten Zeitungen. Außerdem bearbeitete das Laparment Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Vorschläge zur Tagesgestaltung. 

Der Kompasskurs bereitete mit Schwester Johanna den Abschlussgottesdienst vor. Anhand einer Geschichte erläuterten die Mädchen, dass Mut auch heißen kann zu sagen „Ich mach nicht mit!“ Der Prediger, BDKJ-Diözesanpräses Dominik Zitzler, erklärte dies am Beispiel einer biblischen Geschichte: Im Tagesevangelium verhindert Jesus die Steinigung einer Ehebrecherin, indem er dem Volk dessen eigene Sünden vor Augen hält. So stellt er sich gegen das, was alle anderen Menschen machen. 

Den Pfadfinderinnen gefiel es, mit Mädchen aus der ganzen Diözese zusammenzukommen, die sie vorher noch nicht kannten. „Man konnte mit allen gut reden“, sagte eine Teilnehmerin. Nicht nur die Zettel ans Laparment, sondern auch ein tägliches Stimmungsbarometer zeigte die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen mit Atmosphäre und Programm.

Martin Gah

19.06.2019 - Bistum Augsburg , Jugend , Kinder