Abschied von Georg Ratzinger

Priester und Kirchenmusiker

REGENSBURG (pdr/sm) – Im Rahmen eines feierlichen Pontifikalrequiems, dem Bischof Rudolf Voderholzer vorstand, hat sich die Kirche von Regensburg vom verstorbenen Apostolischen Protonotar Professor Dr. h.c. Georg Ratzinger verabschiedet. Rund 220 trauernde Personen feierten im Hohen Dom zu Regensburg den ergreifenden Gottesdienst mit. Viele tausende Gläubige waren über den Internet-Livestream zugeschaltet und nahmen auf ihre Weise von der Person des langjährigen Domkapellmeisters und Leiters der Regensburger Domspatzen Abschied. 

Bischof Rudolf Voderholzer zur Seite standen Erzbischof Georg Gänswein, der am Ende des Gottesdienstes ein Schreiben von Papst em. Benedikt XVI. verlas (siehe Seite II), sowie, als Vertreter von Papst Franziskus und Papst em. Benedikt, der Apostolische Nuntius Nikola Eterović, der aus Berlin gekommen war. Benedikt XVI. war wenige Tage zuvor eigens zu seinem Bruder nach Regensburg gekommen. In diesem Augenblick nun war er mit den Feiernden per Livestream verbunden.

Nach Regensburg gekommen war Gerhard Kardinal Müller, der der Diözese von 2002 bis 2012 vorgestanden hatte. Auch der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx sowie Bischof Gregor Maria Hanke aus Eichstätt, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und Weihbischof Josef Graf nahmen an den Feiern teil. Ein Vokalensemble ehemaliger Regensburger Domspatzen unter der Leitung von Domkapellmeister Christian Heiß und Domorganist Professor Franz Josef Stoiber gestalteten die Liturgie musikalisch auf höchstem Niveau. 

Der Begräbnisfeier auf dem Unteren Katholischen Friedhof, die dem Requiem folgte, stand der Stiftsdekan Professor Johannes Hofmann vor. Im Kanonikerstift St. Johann am Fuße des Domes hatte der Domkapellmeister im Ruhestand eine geistliche Heimat gefunden.

Der Apostolische Protonotar Georg Ratzinger hatte von 1964 bis 1996 die Regensburger Domspatzen geleitet und als Domkapellmeister gewirkt. Am 1. Juli war er im 97. Lebensjahr verstorben. Der Priester, der das katholische Priestertum mit der Kirchenmusik verbunden hatte, war am 15. Januar 1924 in Pleiskirchen unweit von Altötting geboren worden. In Regensburg erfreute er sich sehr großer Beliebtheit, was auch der Zustrom unzähliger Menschen nach St. Johann am Tag vor dem Pontifikalrequiem unterstrich. Dabei hatte die Möglichkeit bestanden, sich von dem aufgebahrten früheren Domkapellmeister zu verabschieden. 

Bischof Voderholzer nannte im Requiem wichtige Stationen des Lebens Georg Ratzingers. Er betonte, dass dieser eine glückliche Kindheit verlebt hatte, dass er trotz Verletzung ohne bleibenden körperlichen Schaden aus dem Krieg beziehungsweise aus kurzer Gefangenschaft heimkehrte und die Berufung zum katholischen Priestertum im Sinne des Seelsorgers als große Gnade erfuhr. Zusammen mit der Berufung zur Kirchenmusik – als Chorleiter und auch Komponist – war dies eine „Doppelberufung“, wie der Bischof von Regensburg unterstrich. Der Bischof erinnerte daran, dass Georg Ratzinger am 29. Juni 1951 zusammen mit seinem Bruder Joseph im Freisinger Dom das Sakrament der Priesterweihe erhielt. Voderholzer nannte es außerdem „eine Fügung“, dass Georg Ratzinger am 8. Juli 1951 erstmals als Priester in St. Oswald in Traunstein vor dem Altar stand, übrigens am selben Tag wie auch Joseph Ratzinger – eine Fügung, insofern dies, auf die Stunde des aktuellen Requiems in Regensburg bezogen, exakt 69 Jahre zuvor gewesen war.

In den Jahren an der Spitze der Regensburger Domspatzen dirigierte Georg Ratzinger mehr als 1000 Konzerte, mehrte den Ruhm des Domchores und formte somit einen 

Klangkörper. Als Domkapellmeister prägte er außerdem die Liturgie an sehr vielen Sonn- und Feiertagen im Dom zu Regensburg. 2009 wurde der Domkapellmeister Ehrendomherr am Dom St. Peter. In den vergangenen Jahren stand ihm Schwester Laurente Goldbrunner von den Armen Franziskanerinnen in Mallersdorf zur Seite. In der Todesstunde war Georg Ratzinger nicht allein. In seinem Leben hat er täglich die Heilige Messe gefeiert. 

Bischof Voderholzer sprach von der „großen Lebensleistung“ des Verstorbenen, den tieferen inneren Zusammenhang der Doppelberufung zum Priestertum und zur Kirchenmusik als Vermächtnis für die Kirche von Regensburg und ­darüber hinaus verwirklicht zu haben. Demnach sei Kirchenmusik keinesfalls rein äußere Zutat, sondern Gebet selbst. Kirchenmusik habe dem Wort zu dienen, erklärte der Bischof. 

Dass Domkapellmeister Georg Ratzinger dieses sein Amt „höchst kompetent“ verwirklicht habe, indem er die kirchenmusikalische Tradition der Diözese Regensburg wie kein anderer verkörperte, sei Ausdruck der Verbindung von Kirche und Kultur selbst. In anderen Zusammenhängen gelte sie dagegen als „gestört“, in Regensburg nicht. Der Domkapellmeister habe Qualität und Menschlichkeit miteinander verbunden. Dass seine Persönlichkeit in hohem Maße geschätzt sei, habe sich nicht zuletzt in tausenden Einträgen in die digitalen und analogen Kondolenzbücher erwiesen, stellte der Bischof von Regensburg fest. Auch gehörte es, so Voderholzer weiter, zur Größe Georg Ratzingers, Fehler eingeräumt und um Verzeihung gebeten zu haben.

Domkapellmeister Christian Heiß nannte den Verstorbenen einen „Ausnahmemusiker“. Bei allen Erfolgen sei er immer bescheiden geblieben. Er habe Konzertsäle in Gebetshäuser verwandelt. Der Klang, den er dem Chor gegeben habe, sei „weich, tiefgründig und charmant“. Zu vielen „Ehemaligen“ habe Georg Ratzinger eine große Verbundenheit gepflegt.  

Gutem katholischem Brauch entsprechend war vor Beginn des Pontifikalrequiems der Totenrosenkranz für den Verstorbenen im Dom gebetet worden. Auch auf dem Friedhof sang das Vokalensemble aus ehemaligen Domspatzen. Besonders schönes Zeichen: Den abschließenden marianischen Gesang („Segne du, Maria“) dirigierte Domkapellmeister Roland Büchner, der dem Verstorbenen im Amt unmittelbar gefolgt war.

15.07.2020 - Bistum Regensburg