Schreiner Josef Meier baut Karfreitagsratschen

Die Sprache des Leids

BERATZHAUSEN (pdr/sm) – Wenn die Glocken nach den letzten Akkorden des „Gloria“ beim Gottesdienst am Gründonnerstagabend bis zum „Ehre sei Gott“ in der Osternacht (am Karsamstagabend oder am frühen Morgen des Ostersonntags) verstummen, treten zum Bekanntmachen der kirchlichen liturgischen Feiern traditionell die Karfreitagsratschen an die Stelle der Glocken. In Beratzhausen hat der Schreiner Josef Meier nach den Mustern vorhandener Ratschen im Laufe der Jahre über 20 neue Geräte hergestellt und diese verschiedenen kirchlichen Einrichtungen gestiftet. 

Der Volksmund sagt bekanntlich über die Kartage: „Die Glocken fliegen nach Rom.“ Doch auch die an den drei Kartagen für sie dienstleistenden Ratschen halten nicht ewig. So war für Schreiner Josef Meier, der immer auch mit Ideen und Erzeugnissen aus seiner Werkstatt die internationale Kulturarbeit in der Europagemeinde Beratzhausen unterstützt, der Anblick einer kaputten Karfreitagsratsche, die während des Jahres im Aufgang zum Turm der Pfarrkirche lagerte, Anlass für seine Initiative. „Da muss Ersatz her“, dachte er sich und holte sich eine der noch funktionstüchtigen Ratschen, um deren Bauweise und Technik genauer unter die Lupe zu nehmen. 

Erinnerungen an Lehrzeit

Bereits in seiner Lehrzeit in den 1950er-Jahren beim damaligen Be­ratzhausener Pfarrmesner und Schreiner Josef Wittl hat Josef Meier Karfreitagsratschen restauriert und hergestellt. Die älteren, seit vielen Jahren in der Pfarrei St. Peter und Paul in Beratzhausen im Einsatz befindlichen Ratschen könnten also durchaus schon durch seine Hände gegangen sein. Jedenfalls erinnerte sich Josef Meier nun wieder an die Handgriffe, die er als Lehrbub beim Umgang mit den Karfreitagsratschen erlernt und routiniert praktiziert hatte. Und solche Tätigkeiten vergisst man nicht. Der heute als Hobbyschreiner immer noch mehrere Stunden täglich aktiv arbeitende Handwerker beschloss also, ein paar Ratschen zu bauen und diese für Gotteshäuser, die ihm besonders am Herzen liegen, zu stiften.

Technische Varianten

Die vorhandenen Beratzhausener Karfreitagsratschen dienten ihm zunächst als Muster, die neuen hat er aber in einer etwas anderen Form gebaut. Und auch mehrere Variationen mit zwei oder vier Drehknöpfen zum Verstellen des Ratsch-Klanges. Bei den Karfreitagsratschen gibt es natürlich unterschiedliche Techniken: die offene Federratsche, die Kasten- und Walzenratsche sowie die Hammerratsche. Bei Letzterer ist es nicht weit zur Leidensgeschichte Jesu. Die Ratschen, so lässt sich durchaus interpretieren, können auch als Symbol für die harten und brutalen Schläge der Hämmer bei der Kreuzigung Christi gesehen werden, vor allem wenn die Kurbeln langsam gedreht werden. Die Brutalität der Passion Christi wird damit ebenfalls verdeutlicht. Aber auch für die Ohren (und die Seele) sind die Klänge der Ratschen unangenehm. Die Ratschen haben eben ihre eigene Sprache des Leids.