Entwicklungsminister Gerd Müller zum Sonntag der Weltmission

Die Wohlstands-Blindheit ablegen

REGENSBURG (pdr/sm) – Dass Äthiopien zu Gast in Regensburg war, spürte man beim Festgottesdienst zum bundesweiten Weltmissionssonntag im Regensburger Dom bereits zu Beginn: Der Chor der äthiopisch-katholischen Gemeinde begleitete den feierlichen Einzug durch den Mittelgang der Kathedrale in traditionellen farbenfrohen Gewändern mit Trommeln und afrikanischen Gesängen. Ein Vortragekreuz aus Äthiopien führte die feierliche Prozession an. Bischof Rudolf Voderholzer zele­brierte den Festgottesdienst zusammen mit Kardinal Berhaneyesus Souraphiel, weiteren Gästen aus Äthiopien und Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber.

Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, feierte die heilige Messe im Dom als Ehrengast mit. Beim anschließenden Festakt betonte der Minister, dass die Katholische Kirche die größte Bewegung für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt sei. Allein Missio leite über 1000 Projekte in 50 verschiedenen Ländern. Millionen von Menschen überlebten nur durch die Arbeit der kirchlichen Hilfswerke. Der Staat allein könne diese Hilfe an den Menschen allein nicht bewegen. Jeder von uns solle sein Tun und Denken neu ausrichten, so Minister Müller, der sich dabei auf Worte in der Predigt von Bischof Voderholzer bezog: „Lasst uns sehen. Lasst uns die Blindheit unseres Wohlstands ablegen. Und lasst uns die Not und das Elend sehen in den Krisengebieten dieser Welt“, hob der Minister hervor.  

Und weiter: „Wir haben einen christlichen Kompass, der uns zugrunde liegt. Wir müssen die Schöpfung global bewahren. Unser Konsum und Wirtschaften, wie wir es derzeit praktizieren, insbesondere in den Industrieländern, muss neu überdacht werden. Wir sind weltweit dazu aufgerufen, eine Umsteuerung auf ein nachhaltiges Wirtschafts- und Konsummuster einzuleiten.“ Denn die Industrieländer, so der Minister, hätten zum Klimawandel und Klimaschock einen wesentlicheren Beitrag beigetragen.

Sorge um Blinde

In seiner Predigt blickte Bischof Rudolf Voderholzer zurück auf seine Pastoralreise nach Äthiopien im Juni dieses Jahres. Dort lernte er Land und Leute kennen und erfuhr von deren Lebenssituation. Blindheit, nicht mehr oder vielleicht von Geburt an schon gar nicht sehen zu können, sei ein schweres Kreuz, so Bischof Rudolf. Eingeschlossen sein in eine ständige und unaufhörliche Nacht ohne Sonnenaufgang und ohne Abenddämmerung. Blindheit sei eine häufige Krankheit in Äthiopien. Als mögliche Gründe hierfür würden die intensive Sonneneinstrahlung, aber auch der feine Sandstaub aus der Wüste Sahara genannt. So sei die Sorge um die Blinden den Christen in besonderer Weise aufgetragen, erklärte der Oberhirte: „Ich werde nie vergessen, wie wir bei unserer Reise in Gonder von den blinden Kindern und Jugendlichen in der Schule der Schwestern von St. Anna singend begrüßt wurden. Und in Adua, in der Schule der Salesianerinnen, das achtjährige Mädchen, das ohne Pupillen auf die Welt gekommen war und das die Mutter vor dem Vater bei den Schwestern in Sicherheit gebracht hatte. Blitzgescheit, hatte sie bald mit ihren sehenden Fingern alles Wichtige ertastet und schließlich von mir den Segen erbeten.“

Schon der selige Pater Liberat Weiß, Franziskanerpater gebürtig in Konnersreuth und entsandt nach Äthiopien, hatte, so werde berichtet, die Sorge um die Blinden als eine besondere pastorale Herausforderung erkannt und seine medizinischen Fähigkeiten, die er sich als Missionar hatte aneignen müssen, in den Dienst auch der Blinden gestellt. Die Schulen, gerade auch für blinde Kinder, stehen stellvertretend für das großartige Engagement der Kirche in Äthiopien: Bildungsarbeit, Schulen für die Kinder und Jugendlichen, sozial-caritative Aktivitäten, auch und gerade im Bereich der Health-Care, stellte Bischof Rudolf Voderholzer in seiner Predigt heraus. „Es ist mir an dieser Stelle ein großes Anliegen, unseren Gästen aus Äthiopien zu danken für dieses Engagement, das allen Menschen ohne Rücksicht auf Religion oder Herkunft zugutekommt“, erklärte der Bischof.

Im gesamten Oktober, dem Weltmissionsmonat, waren Gäste aus Äthiopien im Bistum Regensburg unterwegs und informierten die Menschen bei Vorträgen und Begegnungen über die Situation in ihrem Land. Missio München, das große katholische Hilfswerk, und das Referat Weltkirche der Diözese Regensburg hatten die Aktionen organisiert und begleitet. Neben Vorträgen gab es Erlebniswanderungen, Ausstellungen, Meditationen, die Feier der heiligen Messe und vieles mehr. Höhepunkt war am Weltmissionssonntag die Feier des Festgottesdienstes im Regensburger Dom St. Peter mit einem anschließenden Festakt und dem „Eine-Welt-Fest“ im Kolpinghaus, bei dem sich in einem „Markt der Möglichkeiten“ zahlreiche weltkirchliche Akteure und Initiativen in und aus der Diözese Regensburg präsentierten.