Estland mit seinen rund 1,3 Millionen Einwohnern ist für Menschen, die erholsame Ruhe statt Hektik mögen, ein passendes Ziel. „Bei uns gehen die Uhren etwas langsamer, nur das Internet ist schnell“, sagen die Esten. Fast ebenso schnell begegnen viele Kinder der Musik. Das war auch bei Arvo Pärt der Fall, der am 11. September 1935 in der Kleinstadt Paide geboren wurde.
Daheim tönte oft klassische Musik aus dem Radio. Als die Familie 1938 nach Rakvere umzog, fand der musikhungrige Arvo weitere Möglichkeiten. Bald umkreiste er mit dem Fahrrad – oft zwei Stunden lang – die gute Übertragungsanlage auf dem Rathausplatz.
Der Karikaturist Joonas Sildre, der Arvo Pärts bisheriges Leben als Comic schildert, hat diese Szene festgehalten. Das Büchlein, das im Oktober 2018 zur Eröffnung des Arvo-Pärt-Zentrums in Laulasmaa erschien, ist nun auch hierzulande mit deutschem Text erhältlich.
Mit dem rund 35 Kilometer westlich der Hauptstadt Tallinn gelegenen Zentrum ehrt Estland seinen wohl größten Sohn und den weltweit meist gespielten zeitgenössischen Komponisten. In fast allen Ländern erklingt seine beruhigende Musik.
Mitten im dichten Wald
Der Parkplatz des im Wald gelegenen Zentrums ist rund 250 Meter vom Gebäude entfernt. Der schmale Pfad soll die Ankömmlinge einstimmen. Eine Abzweigung führt zum Haus von Heino Eller, der Arvo Pärt ab 1957 an Tallinns Staatlichem Konservatorium unterrichtete. Während dieser Zeit komponierte Pärt bereits Stücke für Klavier und Orchester, darunter seine Symphonie Nr. 1 im Examensjahr 1963. Außerdem arbeitete er von 1957 bis 1967 als Toningenieur am Staatlichen Rundfunk.
Plötzlich eine Lichtung, und schon stehen die Besucher unvermittelt vor einem modernen, teils geschwungenem Flachbau, entworfen von Nieto Sobejano Arquitectos Madrid/Berlin, den Preisträger eines internationalen Wettbewerbs. Nach den Worten von Enrique Sobejano in einem Interview versucht dieser Neubau, einen Dialog zwischen Architektur, Musik und Natur herzustellen.