Brücke zwischen Himmel und Erde

Der Regenbogen als Bundeszeichen mit Gott: Symbol auch der menschlichen Versöhnung

Mein Abtskreuz ist ein Regenbogenkreuz. Über dem Kreuz kommt im Bogen die Verheißung Gottes zum Ausdruck. Mir ist wichtig, im Zeichen des Kreuzes die Verheißung Gottes nicht aus dem Auge zu verlieren. Angeregt wurde ich durch das Regenbogenkreuz in der Abtei Dormitio in Jerusalem. Der Regenbogen ist für mich ein tägliches Hoffnungszeichen, dass Gott den Himmel und die Erde verbindet, trotz all der vielen Kreuze.
Der Bogen Gottes in den Wolken, von dem wir in der ersten Sonntagslesung aus dem Buch Genesis hören, ist das Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen.  Somit ist der Regenbogen ein Erinnerungszeichen, dass Gottes Treue und Zusage über unserem Leben steht. „Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit und  deine Treue, so weit die Wolken ziehen“ (Ps 36,6).
Der Bogen in den Wolken, ein umgedrehter Kriegsbogen, wird zum Zeichen des Friedens und der Sehnsucht für den Menschen, der vor der Kluft steht zwischen Ewigem und Vergänglichem, zwischen Trauer und Hoffnung.

Im Himmel und auf Erden

Damit ein Regenbogen entsteht, braucht es Sonne und Regen. Meist entsteht er nach einem Gewitter. Im Regenbogen verbindet sich das Himmlische mit dem Irdischen. In diesem Zeichen will Gott sich mit dem Menschen verbinden. Gott bricht in mein Leben ein.
Nach dem Erscheinen des „Bogens“ gibt es keine Katastrophe mehr. Die Sünde führt nicht in die Tragik, weil das Leben weitergeht. Gott gibt meinem Leben trotz allem eine Zukunft. Wo haben Sie in Ihrem Leben so klare Zusagen erlebt, trotz aller Überflutungen, trotz aller Krisen?

„Somewhere over the rainbow ...“ – in diesem vielgespielten Hit wird die Hoffnung besungen, dass es da oben über dem Regenbogen einen Ort gibt, wo Träume wahr werden, wo unsere Sorgen dahinschmelzen, wo kein Schmerz regiert, wo keine Träne mehr fließt.

Kleine Brückenbauer

Der Regenbogen ist auch wie eine  Brücke, die sich von der Erde zum Himmel aufschwingt und Gott und den Menschen verbindet. Gott baut uns mit seiner Zusage immer eine Brücke in den Himmel.
Im Gegensatz zum Papst als Pontifex maximus – oberster Brückenbauer – sollen wir Menschen   „Pontifex minimus“ sein – kleine Brückenbauer. Brückenbauer brauchen, wie ihre Brücken, vor allem eines: ein festes Fundament, auf dem sie stehen. Wer für andere Brücken schlagen will, muss selber einen festen Stand haben und zuverlässigen Boden unter den Füßen. Dieser Boden ist für uns gläubige Menschen Jesus Christus selber. Nur mit ihm kann der Brückenbau gelingen.
Wir wollen wie ein Regenbogen eine Brücke bauen zwischen dem Gott des Heils und den Menschen. Es braucht in unserer Zeit „Überbrücker“, die nicht nur das Trennende sehen, sondern das, was uns zusammenführt.
Gerade in der Fastenzeit bedarf es der Brücke der Versöhnung, die tiefe Gräben überbrückt und Menschen wieder zusammenführt. Die Liebe ist die Grundlage für jede Beziehung zwischen den Menschen. Wo diese Liebe nicht mehr gepflegt wird, können Brücken schnell abbrechen. So können wir eine Brücke schlagen durch wertschätzende Worte an andere. Wäre das nicht eine gute Herausforderung für die Fastenzeit? Werden Sie ein „Pontifex minimus“!
Ich kann mir kein schöneres und passenderes Bild für den Bund Gottes mit uns Menschen vorstellen, als den Regenbogen mit seinem Farbspektrum. Er kann überall in der Natur entstehen. Er vereint die vielen verschiedenen Farben in sich; nicht alle diese Farben sind für uns sichtbar, so wie auch nicht alle Facetten Gottes für uns fassbar sind.

Gott hat den Bogen raus

Dieses Zeichen der Ermutigung taucht immer dann auf, wenn Widersprüche aufeinanderprallen: Regen und Sonne. Wie tröstend: Gott ist da – mitten in den Widersprüchen unseres Lebens. Vielleicht bietet Ihnen die kommende Fastenzeit Gelegenheit, das zu erfahren.

Wolfgang Öxler OSB ist der siebte Erzabt von St. Ottilien.

15.02.2018 - Bistum Augsburg