Er baute ganz alleine

Die wundersame Burg des Zé dos Montes

Wenn das Bibelwort, wonach der Glaube Berge versetze (Mt 17,20), eine Personifizierung bräuchte: Der Brasilianer José Antônio Barreto könnte eine gewesen sein. 36 Jahre lang arbeitete er an einem mächtigen Bauwerk zu Ehren „Unserer Lieben Frau“ – ganz allein in der Steppe Brasiliens. Mit 88 Jahren ist „Zé dos Montes“, wie er genannt wurde, nun verstorben.

Zé machte zunächst beim Militär Karriere. Bis zu seiner Pensionierung Anfang der 1980er Jahre war er Feldwebel beim Heer. Dann begann er, sich der Errichtung einer Burg zu widmen. 36 Jahre baute er in der Bergkette Serra da Tapuia im Hinterland von Rio Grande do Norte unermüdlich daran. Sein Werk gründete, sagte er, auf einer spiri-tuellen Vision, die er erhalten habe. 

"Baue mir eine Burg"

Dem achtjährigen Jungen, der nahe dem Ort Pedro Avelino Brennholz sammelte, sei einst eine Dame im blauen Kleid erschienen. „Baue mir eine Burg“, habe sie ihm aufgetragen. Das sei am 13. März 1940 gewesen. Er nahm die Anweisungen aufmerksam entgegen, stürzte sich aber keineswegs gleich in die Arbeit. Ihm war bewusst, dass er noch ein Kind war. Aber nach der militärischen Laufbahn glaubte er zu wissen, was seine Aufgabe war.

Visionen kirchlich nicht anerkannt

Der Nordosten Brasiliens ist ein Hort der Volksfrömmigkeit, durchdrungen von Heiligen- und Marienverehrung, Mystizismus und Wunderglaube. Kritische Beobachter merken an, die vermeintlichen Erscheinungen seien bloße Lichterphänomene. In der Regel würden sie von Menschen gesehen, die sich einer solchen Vorstellungswelt bereits zuvor angenähert haben. Ob dies auch auf den kleinen José Antônio zutrifft? Kirchlich anerkannt sind seine Visionen jedenfalls nicht.

Bauort zufällig entdeckt

Den Bauort für seine Burg in der felsigen Hügelkette bei Tangaré entdeckte er zufällig. Er wurde ihm vom damaligen Grundbesitzer zum Kauf angeboten – unter der Bedingung, dass eine kleine Statue Unserer Lieben Frau von Lourdes, die sich da in einem Bildstock befand, bleiben dürfe. Das war ganz im Sinne von Zé. 

Ohne eine große Ahnung von Architektur, Statik oder Baufinanzierung zu haben, begann er sein Werk. Ein Baugesuch bei den Behörden hat er nie eingereicht. Auch einen Bauplan auf Papier gab es nicht: Der war nur in seinem Kopf. Er mauerte und mörtelte meist allein an seiner Vision in der heißen Trockensteppe und wurde dabei ausgetrocknet, zerfurcht und hager.

Gewaltige Burg mit 80 weißen Kuppeln

Das Werk, das er beinahe fertiggestellt hat, ist beeindruckend: 80 weiße Kuppeln hat die gewaltige Burg des Zé dos Montes. Durch verschlungene Tunnel lässt sich seine Festung betreten. Im Inneren ist ein Labyrinth von Räumen, Treppen erschließen Ausgucke, Korridore sind oft schiefe Ebenen. Es finden sich Kapellen, eine Sternwarte, Turmzimmerchen, Loggien und Terrassen. Steile Stiegen führen hinauf zum Hauptturm. 

Dem Himmel nah

Die Burg ist zu einem touristischen Anziehungspunkt geworden. „Die Plattform auf der obersten Zinne bei Sonnenuntergang ist ein Kraftort. Wer sich fragt, wie es weitergehen soll im Leben: Da oben, in sternenfunkelnder Nacht, dem Himmel nahe, kann Erkenntnis gewonnen werden. Wie ein warmer Hauch kommt sie über einen“, meint Zés Adoptivsohn, Joseildo Gomes.

Die Menschen der Region sind für den Bau auch aus anderen Gründen dankbar, sagt Gomes: „Die finanzielle Situation hier im abgelegenen und strukturschwachen Síto Novo hat sich deutlich verbessert – dank der Besucherströme zu der wundersamen Burg von Zé dos Montes.“ Karl Horat

15.07.2020 - Ausland , Glaube , Kirchenbauten