Zum 50. Todestag von Giovannino Guareschi

Don Camillo machte ihn berühmt

ROM – „Don Camillo und Peppone“, die Streitigkeiten zwischen dem schlitz­ohrigen Dorfpfarrer und dem kommunistischen Bürgermeister amüsieren Menschen noch heute. Ihr Schöpfer ist weniger bekannt: der italienische Schriftsteller Giovannino Guares­chi. Er starb vor 50 Jahren.

Wer Guareschi kennt, denkt automatisch an „Don Camillo und Peppone“ und hat gleich die Schauspieler Fernandel und Gino Cervi vor Augen, die sie verkörperten. Es heißt, der Schöpfer der beiden Romanhelden sei mit seinem kräftigen Schnauzbart äußerlich ein Bruder Peppones gewesen, innerlich jedoch habe er eher dem schlagkräftigen Don Camillo geglichen. Am 22. Juli 1968 starb Gua­reschi 60-jährig in Cervia, südlich von Ravenna. 

Ein großer kleiner Hans

Geboren wurde er am 1. Mai 1908 in Roccabianca am Po als Sohn eines Kaufmanns. Seine Mutter war Dorfschullehrerin. Groß und kräftig gebaut machte sich Guareschi später darüber lustig, dass man einen Kerl wie ihn Giovannino, also „kleiner Hans“, getauft habe. Als das Geschäft seines Vaters 1925 in Konkurs ging, musste Guareschi sein Stu­dium beenden und ging zur Zeitung „Gazzetta di Parma“.

Bis 1934 hatte Guareschi sich dort zum Chefreporter hochgearbeitet, schrieb Novellen und zeichnete Karikaturen – auch zu politischen Themen. Nach dem Wehrdienst war er von 1936 bis 1943 bei der Satirezeitschrift „Bertoldo“ tätig. Unter ihm erreichte das Blatt eine Auflage von über 500 000 Exemplaren. Als im September 1943 eine alliierte Bombe das Verlagsgebäude traf, war dies das Aus für „Bertoldo“.

Als er sich im Frühherbst 1943 betrunken abfällig über die Faschisten äußerte, wurde Guareschi zur Reserve eingezogen. Und weil er sich nach Italiens Waffenstillstand mit den Alliierten im September 1943 weigerte weiterzukämpfen, steckten ihn die Deutschen in Gefangenenlager: zuerst in Polen und später in Wietzendorf und Sandbostel in Niedersachsen.

Über die eineinhalb Jahre Gefangenschaft, aus der er mit nur 40 Kilogramm Körpergewicht zurückkehrte, schrieb Guareschi: „Der Hunger, der Dreck, die Kälte, die Krankheiten, die verzweifelte Sehnsucht nach unseren Müttern und unseren Kindern, der tiefe Schmerz über das Unglück unserer Heimat haben uns nicht besiegt. Nie haben wir vergessen, zivilisierte Menschen zu sein mit einer Vergangenheit und einer Zukunft.“

In der aufgeheizten Stimmung der Nachkriegszeit mischte Guares­chi schließlich wieder eifrig mit – als Chefredakteur der 1945 gegründeten satirischen Wochenzeitung „Candido“. Eine Karikatur zu Staats­präsident Luigi Einaudi brachte ihm eine Anklage wegen Verunglimpfung des Staatsoberhaupts ein sowie acht Monate auf Bewährung. Später folgte eine Strafe von 409 Tagen Gefängnis und einem halben Jahr Hausarrest wegen Beleidigung von Ministerpräsident Alcide De Gasperi, die er antreten musste.

Für den „Candido“ schrieb Gua­reschi seine ersten Geschichten über Don Camillo und Peppone. Weil sie schnell beliebt waren, veröffentlichte sein Verleger Angelo Rizzoli die Folgen in dem Band „Die kleine Welt des Don Camillo“. Oft werden die Erzählungen vor allem humoristisch wahrgenommen. Der historische Hintergrund ihrer Geschichten jedoch ist durchaus ernst.

Priester und Partisan

So war der Namensgeber Don Camillo Valota (1912 bis 1998) ein katholischer Priester, Partisane und Gefangener der Konzentrationslager Dachau und Mauthausen. Auch die Romanfiguren Camillo und Peppone waren Partisanen gegen die deutsche Besatzung. Im italienischen Widerstand, der Resistenza, gab es fromme Katholiken wie Kommunisten, Republikaner und Anhänger der Monarchie.

In der Region Reggio-Emilia, aus der Guareschi stammte, war der Kampf zwischen Partisanen und Faschisten sowie zwischen einzelnen Partisanengruppen besonders heftig gewesen. Hier gab es besonders viele Tote – und in den Jahren nach dem Krieg blieben besonders viele und tiefe Wunden offen. 

Die Wunden, unter denen Don Camillo und Peppone litten, müssen zum Teil bis heute geschlossen werden. Guareschi versuchte es auf seine Weise. Dass sowohl Kirchenvertreter wie Mitglieder der Kommunistische Partei Italiens seine Geschichten kritisierten, bestärkte Guareschi in seiner Auffassung, dass sich alle Seiten aufeinander zu bewegen müssten.

Papst Johannes XXIII. soll den beliebten Autor später gefragt haben, ob er an einem neuen Katechismus der katholischen Kirche mitarbeiten wolle. Guareschi habe höflich abgelehnt, schreibt sein Biograf Alessandro Gnocchi. 1957 trat Guareschi als Chefredakteur des „Candido“ zurück, schrieb aber zunächst weiter für das Blatt. 1961 erlitt er einen ersten Herzinfarkt. Einem zweiten erlag er. 

Seine Helden Don Camillo und Peppone aber leben weiter. Heute wird der bodenständige Dorfpfarrer Camillo von der Kirche mitunter als Vorbild im Glauben gelobt, etwa von den Päpsten Benedikt XVI. und Franziskus.

Roland Juchem