Kirche unterm Hakenkreuz

Ein Bischof im braunen Zwielicht

Der eine gilt als Bekennerbischof, der andere dagegen ist erst jüngst wieder in Verruf geraten: Der Rottenburger Oberhirte Joannes Baptista Sproll­­
(1870 bis 1949) und Freiburgs Erzbischof Conrad Gröber (1872 bis 1948) sind auf sehr unterschiedliche Art mit dem Nationalsozialismus umgegangen. Besonders an Gröber, der nach der NS-„Machtergreifung“ am 30. Januar 1933 sogar SS-Mitglied wurde, scheiden sich die Geister.

Der „braune Conrad“: So nennen seine Kritiker den früheren Freiburger Oberhirten. Ihm wird vorgeworfen, mit den Nationalsozialisten paktiert zu haben. Gröber trat 1934 sogar der SS als förderndes Mitglied bei – wurde aber 1938 wieder von der Mitgliederliste gestrichen. Er soll beispielsweise den Hitler-Gruß im Religionsunterricht eingeführt haben und die Eingliederung der katholischen Jugend in die Hitlerjugend gefördert haben. Auch antisemitische Predigten werden ihm zur Last gelegt.

Eine Jüdin denunziert?

Kürzlich hat der Sozialwissenschaftler Wolfgang Proske einen neuen Vorwurf erhoben: Gröber habe eine Jüdin denunziert, die zuvor womöglich seine Geliebte gewesen war. Historiker heben dagegen hervor, dass Gröber eine Aktivistin bei deren Rettungsaktionen für Juden, die zum Christentum konvertiert waren, unterstützt habe. Auch wird Gröber, der als charismatischer Prediger galt, zu Gute gehalten, dass er gegen die Euthanasie-Morde an behinderten Menschen protestierte. 

Ob der Vorwurf der Denunzia­tion zutrifft, ist angesichts der schwierigen Quellenlage nicht sicher zu sagen. Proske stützt sich auf ein von den Nazis angefertigtes Gröber-Dossier, das in einem französischen Archiv gefunden wurde. Der Würzburger Kirchenhistoriker Dominik Burkard sieht diesbezüglich weiteren Untersuchungsbedarf. Das Dokument könne auch anders gedeutet werden.

Ehrenbürgerwürde und eine nach ihm benannte Straße – Conrad Gröbers badische Heimatstadt Meßkirch und auch Freiburg, wo er ab 1932 Erzbischof war, müssen mit der Nachwirkung des umstrittenen Kirchenmannes umgehen. In Meßkirch wurde die Forderung laut, der Dr.-Conrad-Gröber-Straße einen neuen Namen zu geben und dem Erzbischof die Ehrenbürgerwürde zu entziehen. Ein Altenpflegeheim der Caritas, das seinen Namen trägt, soll ebenfalls umbenannt werden. 

In den politisch turbulenten 1920er Jahren war Gröber Pfarrer in Konstanz am Bodensee. Besonders die kommunistischen Umtriebe jener Zeit müssen einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen haben: „In Wirklichkeit mussten damals handfeste Männer unsere Konstanzer Pfarrhäuser bewachen, damit kein kommunistischer Überfall bei Nacht und Nebel erfolge“, zitiert der Politikwissenschaftler Hans-Otto Mühleisen aus einem Schreiben Gröbers. 

Beim Umgang mit dem Natio­nalsozialismus sah Gröber laut Mühleisen vor allem zwei Wege: Distanz oder „taktische Mitarbeit“, wie es Mühleisen formuliert. Gröber entschied sich offensichtlich für Letzteres. Inwiefern der Bischof dem Nationalsozialismus innerlich nahe stand, kann Mühleisen nicht sagen: „Dass sein Herz für die Kirche und seine Diözesanen schlug, steht außer Frage. Ob es eine Weile auch für den Nationalsozialismus schlug, weiß ich nicht.“

Ganz anders ist das Bild von Joannes Baptista Sproll, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Anfangs, sagt Kirchenhistoriker Jürgen Schmiesing, habe sich Sproll beim Umgang mit den braunen Machthabern noch aufs Abwarten verlegt. Doch schon bald bezog er öffentlich Stellung. Seine Predigten seien „kampagnenartig“ gewesen, die Schärfe seiner Wortwahl sei hervorgestochen. 

Kein „deutscher Gott“

Zu entsprechenden rassistischen Theorien der Nazis etwa predigte Sproll: „Der deutsche Gott ist überhaupt kein Gott.“ Auch verwendete er Analogien, indem er über die Römerzeit und von „Gewaltmenschen, die sich auf große Heeresmassen stützen“, sprach. Damit waren unausgesprochen die NS-Machthaber gemeint. 1938 drängten die Nazis den widerspenstigen Sproll aus dem Amt. Erst 1945 konnte er in seine Diözese zurückkehren. 

„In seinem Bekennen war er zweifellos schon Zeitgenossen ein Vorbild“, sagt Schmiesing. „Sein persönliches Schicksal zeigt auch, dass er bereit war, weitgehende Konsequenzen in Kauf zu nehmen.“ Vor einigen Jahren wurde ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.

Christoph Klawitter

24.01.2019 - Bischöfe , Historisches , Politik