Debatte um Zölibat

Ein Buch und der Name Benedikts

Das neue Buch von Kardinal Robert Sarah, dem Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, sorgt nicht nur im Vatikan für Aufregung. Der aus Guinea stammende Kurienkardinal behauptet, er habe sein Buch über den Zölibat in Absprache mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. verfasst. Da Benedikt zum Buch auch einen Beitrag beisteuerte, wurde er auf der Titelseite als Co-Autor geführt. Eine Mitautorschaft des emeritierten Papstes dementierte sein Privatsekretär jedoch in der vorigen Woche.

„Ich habe Kardinal Sarah auf Anweisung des emeritierten Papstes aufgefordert, beim Verlag dafür zu sorgen, dass der Name und das Bild von Benedikt XVI. vom Buch-einband entfernt werden“, sagte Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein der Nachrichtenagentur Ansa. Die französische Tageszeitung „Le Figaro“ hatte zuvor mit Vorabdrucken aus dem Buch mit dem Titel „Des profondeurs de nos coeurs“ (Aus den Tiefen unserer Herzen) für Aufsehen gesorgt. 

Das Titelbild weist Benedikt XVI. und Kardinal Sarah als Co-Autoren des Werks aus, das in der vergangenen Woche in Frankreich erschienen ist. Von der baldigen Veröffentlichung einer italienischen, englischen und deutschen Fassung ist die Rede. Entgegen der Anweisung Erzbischof Gänsweins erschien das Buch auf Französisch mit Benedikts Bild und Namen auf der Titelseite. 

Interesse der Verleger

Der Vatikan-Experte und Korrespondent der Agentur Aci-Stampa, Andrea Gagliarducci, bemerkt dazu, es liege auf der Hand, dass das Buch mit dem Konterfei des früheren Papstes erscheinen solle. „Welcher Verleger würde sich das nehmen lassen?“ Ein Buch, das den Namen des emeritierten Papstes als Autor nennt, werde „sicherlich auch ein Hit“, meint Gagliarducci.

Das Problem, um das es Gänswein geht: der falsche Eindruck, den das Buch von Benedikt XVI. erzeugt. In den vorabgedruckten Texten wurde der Anschein erweckt, dass der emeritierte Papst – und nicht nur Kardinal Sarah – seinem Nachfolger von einer Lockerung der Zölibatsregel für Priester in der römisch-katholischen Kirche eindringlich abrate. Das hieße, der alte Papst würde dem neuen erklären, was richtig sei.

Auf die neu ins Rollen gebrachte Debatte reagierte der Vatikan mit dem Hinweis, die Haltung von Papst Franziskus zum Zölibat sei bekannt. Auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Panama Ende Januar 2019 sagte Franziskus: „Persönlich denke ich, dass der Zölibat ein Geschenk für die Kirche ist, und ich bin nicht damit einverstanden, den optionalen Zölibat zu erlauben. Nein, das tue ich nicht. Das wäre nur in wenigen, sehr entlegenen Orten möglich, ich denke an die Pazifik-Inseln; aber es ist doch etwas, worüber man nachdenken sollte, wenn es pastorale Bedürfnisse gibt. Der Seelsorger muss an die Gläubigen denken.“

Bei der Amazonas-Synode im vergangenen Oktober entstand allerdings der Eindruck, Franziskus sei nun geneigt, die Zölibatsregelung im Allgemeinen zu lockern. Unter Vatikan-Korrespondenten wurde spekuliert, dies solle im Januar oder Februar mit dem Postsynodalen Schreiben offiziell besiegelt werden. Offenbar war man sich in den Verlagen dieses Termins bewusst und wollte die Debatte ausnutzen, um dem Buch von Kardinal Sarah ein möglichst großes Interesse zu sichern.

Sarah verteidigt sich

Nun kam im Vatikan der Verdacht auf, Benedikt XVI. habe sich manipulieren lassen. Gegen diesen Vorwurf verteidigte sich Kurienkardinal Sarah auf seinem Twitter-Kanal. Zum Nachweis, dass Benedikt mit ihm wirklich an dem Buch gearbeitet habe, verbreitete er in dem Kurznachrichtendienst die Kopien von drei Briefen des emeritierten Papstes an ihn. Daraus geht hervor, dass Benedikt im Sommer letzten Jahres einen Text über das Priestertum erarbeitet und ihn Sarah überlassen hat. Auch von einer Buch-Veröffentlichung ist die Rede. Doch Erzbischof Gänswein erwidert, der emeritierte Papst sei über die Form und Aufmachung des geplanten Buches nicht im Bild gewesen.

Dieser Aussage widersprach Sarah seinerseits auf  Twitter und bestätigte dabei, von Gänswein angerufen worden zu sein. Benedikts Privat-sekretär sprach demnach von einem „Missverständnis“. Er wolle auch keineswegs „die guten Absichten von Kardinal Sarah in Zweifel ziehen“. Gänswein erklärte: „Der emeritierte Papst wusste, dass der Kardinal ein Buch vorbereitete, und schickte ihm seinen kurzen Text über das Priestertum mit der Erlaubnis, ihn nach Belieben zu nutzen. Aber er hat keinem Projekt für ein gemeinsames Buch zugestimmt, und er hat den Buchdeckel weder gesehen noch autorisiert.“

Mario Galgano

22.01.2020 - Papst , Vatikan , Zölibat