Um die Verwandten seiner aus der Ukraine stammenden Frau war unser Vatikan-Korrespondent Mario Galgano lange Zeit in Sorge. Vor Kurzem ist ein Teil von ihnen vor dem Krieg nach Rom geflohen. Doch vorher war noch Überzeugungsarbeit vonnöten, berichtet er.
Die Familie meiner Frau lebte bis vor Kurzem in der ganzen Ukraine verstreut. Eine Cousine aus Mariupol konnte kurz nach Kriegsbeginn zu meiner Schwiegermutter fliehen, die in der Region Lemberg wohnt. Andere Verwandte auf der Krim-Halbinsel hingegen sind seit Monaten nicht mehr erreichbar. Bekannte aus dem Gebiet Sumy, ganz im Nordosten der Ukraine, wollen ihr Zuhause nicht verlassen. Lange Zeit wollte das auch meine Schwiegermutter nicht. Weder ihr Haus noch ihre Toten wolle sie verlassen, sagte sie. Täglich besuchte sie den Friedhof, wo ihr Mann und ihre Eltern begraben liegen.
Noch kein Militärdienst
Lange haben wir versucht, sie davon zu überzeugen, nach Rom zu kommen. Auch meine Schwägerin mit ihrem dreijähriges Kind haben wir angefleht, uns zu besuchen und hier das Ende des Kriegs abzuwarten. Auch sie wollte lange Zeit ihren Mann nicht zurücklassen. Mein Schwager muss zwar keinen Militärdienst leisten – noch nicht, aber das kann sich jeden Moment ändern. Er ist Ende 30 und arbeitet in Lemberg. Dort sei der Alltag tagsüber „normal“, versicherten uns Verwandte, die wir via Internet fast täglich erreichen.
Wir brauchten also so etwas wie eine „Ausrede“, um meine Schwiegermutter, die Schwägerin und ihr Kind davon zu überzeugen, ihr Land zu verlassen. So luden wir sie zur Erstkommunionfeier unserer Tochter Sofia ein. Wir organisierten einen Flug aus Polen. Die meisten ukrainischen Flüchtlinge reisen per Bus oder Zug in westliche Länder. Wir wollten aber vor allem der kleinen Nichte die lange Reise im Bus ersparen.