Die Adventszeit ist diesmal anders: Traditionelle Weihnachtsmärkte in den Innenstädten fallen in Corona-Zeiten flächendeckend aus – und selbst dort, wo es mit wenigen einzelnen Buden so etwas wie einen kümmerlichen Ersatz gibt, fehlt meist der Glühwein. Kaum ein anderes wärmendes Getränk ist so eng mit der adventlichen Vorfreude verbunden – und hat zugleich eine derart lange Geschichte.
Dass Glühwein so beliebt ist, mag am Alkohol liegen – aber es gehört mehr dazu: nämlich eine vernünftige Balance zwischen Würze, Säure und Süße. Typischerweise bilden heute halbtrockene bis trockene Rotweine wie Merlot, Trollinger oder Dornfelder die Grundlage für den Klassiker. Dazu kommen Orangensaft, Süße und eine Vielzahl an Gewürzen, beispielsweise Zimt, Gewürznelke, Zitronenschale und Sternanis.
Aus Hessen und Unterfranken kennt man zudem eine Spielart, die mit Apfelwein zubereitet wird. Und was den gewärmten Wein angeht, den man mit Rum, Weinbrand oder Likören wie Amaretto versetzt, so handelt es sich dabei streng genommen nicht mehr um Glühwein, sondern um Punsch. Der schmeckt aber auch!
Wein und Gewürze
„Gute Weine in kalten Landen“ waren in Sachsen bereits Mitte des 18. Jahrhunderts bekannt. Jedenfalls schrieb der deutsche Verleger Johann Heinrich Zedler (1706 bis 1751) in seinem Universallexikon bereits von einer Verbindung zwischen Wein und kostbaren Gewürzen. Ob dieser Würzwein seinerzeit erhitzt wurde, weiß man allerdings nicht mehr.
Das älteste bekannte Glühwein-Rezept Mitteldeutschlands lässt sich 100 Jahre später nachweisen. Im sächsischen Schloss Wackerbarth, einem von Weinbergen umgebenen barocken Anwesen an der Straße nach Meißen, das damals wie heute als Weingut dient, bereitete der Hausherr August Raugraf von Wackerbarth mindestens seit 1834 einen wärmenden Wein.
Das auf den 11. Dezember jenes Jahres datierte Rezept wurde in seinem Nachlass gefunden. Für eine Kanne − das ist knapp ein Liter − waren rund 240 Gramm Zimt vorgesehen, dazu 120 Gramm Ingwer, jeweils 60 Gramm Anis, Granatapfel, Muskatnuss und Kardamom sowie rund 60 Milligramm Safran. Das Ganze sollte dann mit Zucker oder Honig gesüßt werden.