Wohl wenige weihnachtliche Radiosendungen haben eine so lange Tradition: Seit 67 Jahren sendet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) in Hamburg jährlich an Heiligabend den „Gruß an Bord“ für alle Seeleute, die Weihnachten auf hoher See verbringen. Über Kurzwelle sind die guten Wünsche aus der Heimat auf allen Weltmeeren zu empfangen. Moderatorin Birgit Langhammer erzählt im Interview, warum das für Seeleute und ihre Familien ein besonderer Moment ist.
Frau Langhammer, Ihre Sendung „Gruß an Bord“ wird am Heiligen Abend ausgestrahlt und richtet sich an eine ganz bestimmte Zielgruppe. Worum geht es dabei?
Es geht darum, dass wir auch die Menschen nicht vergessen, die nicht bei ihren Familien sein können. Und da wir beim NDR einen großen Küstenbezug haben, richtet sich die Sendung seit 1953 explizit an Seeleute und ihre Familien. Damals wurde die Sendung zum ersten Mal ausgestrahlt. Vielleicht muss man sich nochmal klarmachen, dass es damals ungleich schwieriger war, seine Angehörigen, die weit entfernt auf See waren, zu grüßen oder mit ihnen in Kontakt zu kommen – oder auch umgekehrt, von der See nach Deutschland.
Auch heute noch geben viele Familien ihren Seeleuten, wenn diese im Dezember in See stechen, schon Weihnachtspakete mit. Damals gab es ja an Kommunikationsmitteln nur Postkarten und Briefe, die bis zum Empfänger sehr lange gebraucht haben. Für diesen Abend bucht nun der NDR extra Kurzwellen-Frequenzen für alle sieben Weltmeere.
Wir denken ja in der heutigen Zeit, dass mit SMS und mit der modernen Technik alles ganz einfach wäre. So ist es nicht, weil das sehr teuer ist. Schon ab 30 Kilometer auf See haben Sie keinen Handyempfang mehr. Da kann man nur noch über Satellitentelefone mit der Heimat sprechen, und das ist für normale Seeleute schlicht nicht finanzierbar. Über die Frequenzen, die der NDR für die Sendezeit bucht, kann man dann überall auf den Schiffen diesen Sender einstellen.
Wie kommt das an Bord bei den Seeleuten an, wenn Sie Menschen ans Mikrofon holen, die sie grüßen?
Also, das sind ganz spezielle Momente, die wir da teilen. Wenn die Familienmutter bei uns sitzt und erzählt, dass sie nie in den letzten zehn Jahren ein Weihnachten mit der ganzen Familie verbracht hat, weil ihre Söhne blöderweise zur Seefahrt gegangen sind, obwohl sie versucht hat, es zu verhindern, dann muss man dazu, glaub ich, gar nicht mehr viel sagen.
Wir hatten auch schon junge Frauen in der Sendung, die gerade das erste Jahr verlobt waren und die Hochzeit planen wollten. Jetzt war der Mann aber nicht da. In diesem Jahr haben wir ein Paar am Mikrofon. Da war sie letztes Jahr bei uns und hat gegrüßt, und dieses Jahr kommt er und erzählt, wo er es gehört hat und wie es für ihn war. So weit in der Ferne festzustellen, dass da Menschen gerade an einen denken, das ist ein ganz spezieller Moment.