Italien und die Flüchtlinge

Zwist zwischen Kirche und Politik

Die italienischen Bischöfe gehen mit Innenminister Matteo Salvini hart ins Gericht. Sie kritisieren seine „populistische Gang-art gegen Flüchtlinge“. Salvini argumentiert hingegen, nicht die Bischöfe stünden für die katholische Kirche in Italien, sondern die Katholiken insgesamt. Und jene, meint Salvini, seien auf seiner Seite. Auch versucht er, Papst Franziskus politisch zu instrumentalisieren.

Seit Jorge Mario Bergoglio, der italienische Wurzeln hat, Papst ist, versucht er, sich aus der italienischen Tagespolitik herauszuhalten. Was aber der Papst „vom anderen Ende der Welt“ zu politisch relevanten Themen macht, sagt und unterstreicht, ist eigentlich allgemeingültig – nicht nur für Italien, sondern für Europa und für die Welt. 

Medien sehen Kritik

So sagt Franziskus, dass es wichtig sei, sich für die Nächstenliebe und die Aufnahme von Menschen in Not einzusetzen. Das hob er vor Diplomaten aus über 180 Ländern hervor. Die italienischen Medien interpretierten diese Aussage jedoch als Kritik gegenüber dem Innenminister Matteo Salvini – auch wenn der Papst ihn namentlich nie genannt hat.

Hintergrund ist der Umgang mit Flüchtlingen, die aus Nordafrika oder dem Nahen Osten über das Mittelmeer nach Italien gelangen. Im Dezember und Januar gab es wieder Diskussionen um Rettungsschiffe. Die „Sea-Watch 3“ mit 32 Geretteten und die „Professor Albrecht Penck“ mit weiteren 17 Migranten warteten mehrere Wochen auf dem Mittelmeer, bis sie in Malta anlegen durften. Für Salvini liegen die katholischen Hilfswerke und der Papst falsch, wenn sie die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen gutheißen. 

Der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, sagte im Interview der römischen Tageszeitung „La Repub­blica“: „Herr Minister, legen Sie sich an, mit wem Sie wollen: mit den ,bösen Bischöfen‘, der katholischen Presse, mit ‚armseligen und karrierebedachten Priestern‘ – aber lassen Sie die Finger von Menschlichkeit und Pflichtgefühl, die unsere Verfassung inspiriert haben.“

Etliche Teile der katholischen Kirche in Italien liegen seit längerem mit Salvini über Kreuz: wegen seiner harten Maßnahmen und Wortwahl gegenüber Migranten, aber zuletzt auch wegen seines umstrittenen Sicherheitsgesetzes, das vor allem katholische Hilfswerke wie die Caritas hart trifft. 

Dass Salvini dabei mitunter die Bibel zitiert, auf christliche Kultur pocht und sogar mit Rosenkränzen posiert, stößt manchem besonders auf. Auch trägt Salvini manchmal ein T-Shirt mit der Aufschrift: „Il mio Papa è Benedetto“, was eine doppelte Bedeutung hat. Zum einen  heißt es: „Mein Papst ist gesegnet.“ Da das „B“ großgeschrieben ist, kann man es auch als „Mein Papst ist Benedikt“ lesen. 

Sowohl die katholische Wochenzeitung „Famiglia Cristiana“ wie auch die katholische Tageszeitung „Avvenire“ veröffentlichten in jüngster Zeit immer wieder kritische Beiträge gegen Salvini. Dieser konterte per Twitter und Facebook.

Gespaltene Gesellschaft

Die Gesellschaft und auch die katholische Gemeinschaft in Italien sind gespalten. Es gibt etliche katholische Bewegungen und Vereine, die vehement gegen Salvinis Politik einstehen. Sie helfen Bedürftigen, bauen Notunterkünfte auf und sind für Flüchtlinge oder Migranten da. Auf der anderen Seite gibt es eher konservative Kreise, die auch eine gewisse Kritik gegenüber Papst Franziskus und seiner Theologie äußern. Diese Gruppe sieht in Salvini einen Gegenpart, der sozusagen gegen die Worte von Papst Franziskus einsteht. 

Salvini selbst setzt auf die Europawahlen Ende Mai. Da möchte er eine Mehrheit erreichen, damit er auch innenpolitisch Neuwahlen ansetzen kann. Deshalb versucht er jetzt, möglichst polemisch zu sein, möglichst im Rampenlicht zu stehen und möglichst viele Stimmen zu gewinnen.

Die italienischen Bischöfe dagegen machen keine Politik. Sie werden auch in Zukunft die Botschaft der katholischen Kirche, die Botschaft von Papst Franziskus, so weitertragen wie bisher. Es wird wohl kaum ruhiger in den kommenden Wochen und Monaten – zumindest nicht bis zu den Europawahlen.

Mario Galgano

16.01.2019 - Ausland , Flüchtlinge , Politik