„Ohne Voreingenommenheit und ohne Dogmatismus“ wollte Regisseur Xavier Giannoli seinen neuen Film angehen. Und so erfand er als Protagonisten einen „Mann, der wissen möchte, was wahr ist und was nicht“ – den Journalisten Vincent. Dieser erhält vom Vatikan den Auftrag, die Echtheit einer Marienerscheinung zu überprüfen. Am 13. Dezember kommt der Film „Die Erscheinung“ in die Kinos.
In einfachen Jeans und einem schlabberigen Kapuzenpulli tritt Anna vor die Untersuchungskommission. Die 18-Jährige wirkt aufrichtig und bescheiden, während sie berichtet, was sie erlebt hat. Mehrfach sei ihr die Jungfrau Maria erschienen. Zunächst habe sie diese nur als eine Art Strahlen, „wie Sonnenschein, der sich nach einem Gewitter auf nassen Steinen spiegelt“, wahrgenommen. Dann habe sie eine menschliche Gestalt erkannt, „eine sehr schöne Frau“, die zu ihr sagte: „Du brauchst keine Angst zu haben.“
Scharen an Pilgern
Inzwischen pilgern Gläubige aus der ganzen Welt zur „Seherin“ und zum Ort des vermeintlichen Wunders – Grund genug für den Vatikan, eine Untersuchung zu veranlassen. „Die Kirche erkennt lieber ein Wunder zu wenig an, als einen Betrug zu bestätigen“, erfährt der Journalist Vincent im Vatikan. Der Sekretär der Glaubenskongregation hatte ihn dorthin berufen, um ihn mit der Untersuchung der Vorfälle in Südfrankreich zu betrauen.
Vincent hatte mit der Kirche bisher nicht viel am Hut. Er habe zwar die Erstkommunion erhalten – doch gläubig ist er laut eigener Aussage nicht. Vor kurzem war Vincent noch als Reporter in Syrien. Nachdem ein Kollege und Freund bei einem Angriff ums Leben gekommen war, kehrte er traumatisiert und voller Schuldgefühle aus dem Kriegsgebiet zurück. Schmerzende Ohren – vermutlich aufgrund einer in der Nähe explodierten Bombe – sind seither sein regelmäßiger Begleiter.
Anna strahlt Ehrlichkeit und einen tiefen Glauben aus – wohl ein Grund, warum Scharen von Pilgern aus aller Welt zu ihr strömen, sie sehen und berühren, mit ihr beten wollen. Schon fast kulthafte Züge nimmt es an, als Anna den Gottesdienstraum betritt. „Anna ist bei uns“, verkündet der Ortspfarrer euphorisch. Die Situation wirkt nicht nur auf Vincent unwirklich und gewöhnungsbedürftig. Auch als Zuschauer ist man schnell geneigt, sich von den Ereignissen zu distanzieren.