Es ist eines der romantischen Klischees schlechthin: Der Schäfer auf der Weide, inmitten seiner Schafe, alles weiß und weich, niedlich und friedlich. Doch die Realität der nurmehr wenigen Berufsschäfer sieht anders aus.
Kaum auf der Welt, stehen sie auf ihren dürren Beinchen, suchen nach Milch und machen die ersten staksigen Schritte. Im Stall von Schäfer Michael Schlamp hat ein Mutterschaf gerade zwei Lämmchen geboren. Jetzt ist der Wanderschäfer aus dem niederbayerischen Eining mit seiner Herde im Stall.
Aber die meiste Zeit des Jahres sorgen sie im Naturpark Altmühltal dafür, dass die Landschaft der Juraregion erhalten bleibt. Wären die Schafe nicht, würden die berühmten Felsen von Büschen und Bäumen überwuchert. Ein jahrhundertealtes Landschaftsbild ginge verloren.
Während die Schäferei in dieser Region noch recht gut funktioniert, stirbt der Beruf insgesamt zunehmend aus. Nurmehr 80 Berufsschäfer gibt es zum Beispiel in Bayern, Tendenz weiter sinkend. Der Schafbestand nimmt laut Statistischem Landesamt seit Jahren ab.
Überleben nur, wenn Familie mithilft
Auch Schäfer Richard Kiemer aus dem oberbayerischen Unterumbach im Landkreis Dachau gehört zu den letzten Berufsschäfern. „Schäfer ist der schönste Beruf der Welt“, sagt er. Er liebt die Freiheit und das Draußensein. Aber es habe schon Gründe, warum es immer weniger Schäfer gebe. Der Stundenlohn sei mickrig. Überleben könne man nur, wenn die ganze Familie mithilft. Ein normaler Landwirt drücke auf den Knopf – „und zack ist die Sau gefüttert“, beschreibt Kiemer.
Während in der Haltung von Kühen und Schweinen vieles mit Hilfe von Maschinen funktioniert, sei das bei Schafen ganz anders. „Wir stehen jeden Tag zehn Stunden draußen, egal bei welchem Wetter“, weiß Kiemer. Und auch wenn das nach dem romantischen Idyll vom Schäferleben klinge, habe es damit wenig zu tun. „Denn dabei rattert mir permanent der Kopf, weil es so viel mehr zu tun gibt.“ Selbst als seine Frau in den Wehen lag, habe er sie gefragt, wie lang sie denn noch brauche – weil er zu den Schafen müsse.
In den Wehen lagen – bildlich gesprochen – auch Bayerns Schafe.Dreimal im Jahr kommen Lämmer zur Welt: im Winter, im Sommer und im März. Seit vier Wochen hat Kiemer 200 Lämmer im Stall, das bedeute „Arbeit ohne Ende“. Und während er das erzählt, werden gerade die nächsten zwei Mitglieder des knapp 1000-köpfigen Bestands geboren.
Wolle wenig wert
Wer glaubt, Schäfer könnten von Wolle, Milch oder Fleisch ihrer Tiere leben, erntet nur ein müdes Lächeln. „Sinn macht die Lämmerproduktion nicht“, sagt Schäfer Kiemer – und meint damit: in finanzieller Hinsicht. Der Unterhalt der Muttertiere koste einfach zu viel Geld. Ähnlich schaue es mit der Wolle aus: Früher habe es für das Kilo 20 Mark gegeben, heute gerade einmal 50 Cent. Kiemer schüttelt den Kopf.