Zum 6. Januar:

Von den Heiligen drei Königen

We waren die Heiligen drei Könige, die zum Bildprogramm der Erscheinung des Herrn am 6. Januar gehören? Wir wissen es nicht. Weder, ob es drei waren, noch, ob es überhaupt Könige waren. Legenden haben aus den drei königlichen Schätzen Gold, Weihrauch und Myrrhe logisch auf drei Könige geschlossen und die Erzählung des Matthäusevangeliums (Mt 2,1–12) von den Sterndeutern aus dem Osten farbig ausgemalt.

Schützenhilfe leistete zum Beispiel der Psalm 72 – er ist an Epiphanie als Antwortpsalm zu hören – mit den Versen „Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Gaben, mit Tribut nahen die Könige von Scheba und Saba. Alle Könige werfen sich vor ihm nieder, es dienen ihm alle Völker.“ Die messianischen Verheißungen besonders der Psalmen und der Propheten wurden auf Christus hin gelesen und galten seinen Jüngern und Gläubigen in ihm als erfüllt.

Eine Spurensuche

Nichts lag näher, als auf einer der damaligen Karten nach diesen fernen Ländern und Inseln zu suchen, von denen auch der Prophet Jesaja weissagt: „Aus Saba kommen sie alle, Gold und Weihrauch bringen sie und verkünden die Ruhmestaten des Herrn“ (Jes 60,6). „Tarschisch“ steht, abgesehen von allen möglichen konkreten Lokalisierungen, für ein weit entferntes Land jenseits des Meeres. „Saba“ oder „Scheba“ war als Zentrum des arabischen Weihrauchhandels im heutigen Jemen bekannt.

Das griechische Originalwort des Neuen Testaments für die Sterndeuter „Magoi – Magier“ weist von seinem Ursprung und seiner Verwendung her jedoch auf Persien. Tatsächlich galten die zoroastrischen Priester in der Antike als verlässliche Astrologen, denen der Stern von Bethlehem nicht entgangen wäre. Die syrischen „Thomasakten“ (entstanden um 200) erwähnen, dass der Apostel Thomas auf seinem Weg nach Indien die Magier in Persien getauft habe.

Ihre Dreizahl galt wegen der drei Gaben als evident und ist ab der Mitte des dritten Jahrhunderts zu greifen. Die Bezeichnung als Könige statt als Magier begann sich ab dem sechsten Jahrhundert nur im lateinisch-volkskirchlichen Christentum durchzusetzen. Das römische Martyrologium als amtliches Heiligenverzeichnis hielt an „Magiern“ fest, in der Ostkirche ist bis heute von drei Weisen die Rede.

Drei kunstvolle Namen

526 erhielten sie endlich ihre Namen. Auf einem Mosaik der Basilika Sant’Apollinare Nuovo in Ravenna sind sie durch ihre phrygischen Mützen unschwer als Perser zu erkennen. Der Inschrift nach heißen sie Gaspar, Melchior und Balthassar – kunstvolle Schöpfungen aus dem persischen Wort für „Schatzmeister“, der hebräischen Wurzel „Melech – König“ und dem babylonischen Herrschernamen „Belschazzar“. 

Das abbildungsfreudige Hochmittelalter befrachtete die drei Könige als Abgesandte der nichtjüdischen Welt vor dem fleischgewordenen Gott Israels mit weiteren Bedeutungen: Sie wurden als Personifikationen der drei Lebensalter und der drei bekannten Kontinente dargestellt. 

Kaspar fiel dabei meist der Part des jungen Königs aus Afrika zu. Seine Rolle geriet im Zuge der christlichen Wiedereroberung Spaniens von den Muslimen zunehmends ins Komische – bis hin zu seinem Auftreten als Kasperl im Puppentheater.

Der Weg nach Köln

Zu den Repräsentanten des Heidentums, vor denen der Herr in Gestalt des göttlichen Kindes in der Krippe erscheint, gehören natürlich auch Reliquien. Der später am meisten verbreiteten Lesart nach habe sie die Kaiserinmutter Helena im Heiligen Land entdeckt und in die Reichshauptstadt Konstantinopel verbracht. Von dort gelangten sie noch im vierten Jahrhundert als kaiserliches Geschenk nach Mailand, der damaligen Hauptstadt des west­römischen Reichs.  

Von dieser Lesart wussten freilich die Mailänder selber nichts, als Kaiser Friedrich Barbarossa 1162 ihre Stadt zerstörte und die Reliquien der Heiligen drei Könige seinem Reichskanzler Rainald von Dassel übergab, dem Erzbischof von Köln. Dieser überführte die Überreste des exotischen Krippenpersonals in einem an Pomp nicht zu überbietenden Triumphzug über Chur und den Rhein entlang bis zu seinem Bischofssitz. 

In seiner Metropole sollte über den Reliquien ein Heiligtum des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation entstehen, das es mit Rom, Byzanz und Jerusalem aufnehmen konnte. Tatsächlich zogen sie Scharen von Pilgern an, die viel Geld in die Bischofsstadt brachten. Bis jedoch über dem berühmten Dreikönigsschrein der Kölner Dom fertiggestellt wurde, verging noch sehr viel Zeit.

20 + C + M + B + 21

Große Bedeutung erhielten die Heiligen drei Könige wegen ihres Tages am 6. Januar, dem Morgen der letzten der zwölf „Raunächte“ seit Weihnachten. Dem Volksglauben nach treiben Dämonen in der Zeit zwischen den Jahren ihr Unwesen und bedürfen die Häuser und Höfe eines besonderen Schutzes. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden darum sogenannte Schluckbildchen am Kölner Dreikönigsschrein „angestrichen“ und dem Vieh ins Futter gemischt. 

Die am Dreikönigstag geweihte Kreide hat es am meisten in sich: Dämonen können weiße Schrift nicht lesen, weswegen der magische Haussegen auch so gut wirkt. Die Erklärung, das Kürzel CMB am Türpfosten bedeute nicht Caspar, Melchior und Balthasar, sondern auf Latein „Christus mansionem benedicat – Christus segne das Haus“, ist eine fromme Flunkerei der kirchlichen Pastoral für die Sternsingeraktion seit dem Ende der 1950er Jahre.

Das Ziehen der Sternsinger um die Häuser, auf das dieses Jahr leider verzichtet werden muss, stammt wiederum von den Mysterienspielen und den Heischebräuchen der Kinder an rheinischen Bischofssitzen und den früheren Dreikönigs-Patrozinien, die entlang des Reliquienweges nach Köln entstanden waren.

Peter Paul Bornhausen