Klosterleben unattraktiv?

"Wir leben mittendrin"

Die Säkularisierung scheint unaufhaltsam, das Ordensleben nicht mehr attraktiv. Wirklich? Immer noch finden sich junge Frauen und Männer, die ihr Leben ganz in den Dienst der Kirche stellen. Die 33-jährige Regina-Maria Schmalz im fränkischen Absberg ist eine von ihnen. Im Interview spricht sie über ihren Glauben, Klisches über Orden und die Entscheidung, Dillinger Franziskanerin zu werden.

Schwester Regina-Maria, wie sieht der Alltag einer modernen Ordensfrau aus? 

Der Tag beginnt mit der persönlichen Betrachtung des Tagesevangeliums und dem gemeinsamen gesungenen Morgengebet. Nach dem Frühstück fahre ich mit dem Fahrrad zum Müßighof, wo ich im Hofladen von Regens Wagner arbeite. Ich bin gelernte Gärtnerin im Gemüsebau und Kauffrau im Einzelhandel. Am Abend beten, singen wir drei Schwestern zusammen das Abendgebet und gehen in den Abendgottesdienst der Pfarrgemeinde. Nun haben wir Zeit füreinander: für Gespräch, Austausch, Erzählungen. Dann gestaltet jede ihren Abend selbst – ob mit Klavier- oder Flötenspiel, TV, PC, lesen, basteln, Fahrradfahren.

Welche Klischees über das Ordensleben begegnen Ihnen Im Alltag? 

Solche Klischees sind, dass wir den ganzen Tag nur beten, dass wir begrenzten „Ausgang“ haben, dass alle Ordensleute in einem großen Kloster mit Mauer drum herum leben – was ja bei uns in Absberg überhaupt nicht zutrifft, und bei Franziskanerinnen im Allgemeinen auch nicht der Fall ist. Der heilige Franziskus sagte: „Unser Kloster ist die Welt.“ Wir leben also „mittendrin“.

Wie viel Modernität hat im Orden Einzug gehalten? Ordensschwestern mit Smartphone und Facebook-Account – geht das zusammen? 

Ich persönlich habe kein Smartphone, sondern ein altes Handy. Bei Facebook sind wir nur als Gemeinschaft, also – soweit ich weiß – keine von uns persönlich. Aber einige Mitschwestern haben Smartphones, einige auch eine E-Mailadresse. Ich finde, man muss ein Stück mit der Zeit gehen, auch im Kloster, um mitkommunizieren zu können und auch über die modernen Medien ansprechbar sein. Aber alles in Maßen. Wir haben natürlich als Gemeinschaft einen Internetauftritt. Auf diese Weise haben junge Frauen schon Kontakt zu uns gefunden. Aber der persönliche Kontakt ist doch am wichtigsten. Internet ist nicht alles. 

Die Entscheidung für das Ordensleben trifft man nicht über Nacht. Wann kamen Ihnen die ersten Gedanken, dass dieser Weg Ihr Weg sein könnte?

Die ersten Gedanken kamen wohl im Grundschulalter. Ich kann es nicht mehr datieren. Es war irgendwann da, ohne dass etwas Besonderes passiert wäre. Der Gedanke ans Kloster ließ mich nie mehr ganz los. Ich hätte mir auch vorstellen können zu heiraten. Aber immer wieder tauchte das Kloster in meinem Kopf auf. Als ich dann als junge erwachsene Frau Ordensfrauen kennenlernte, interessierte mich deren Leben und ich beschloss, mir das näher anzusehen, und knüpfte Kontakte – zuerst durch Briefe, dann persönlich. So kam eines zum anderen und ich merkte, dass das tatsächlich für mich passt.

Woran erkannten Sie sicher, dass dies der Weg ist, den Gott für Sie bereitet hat? 

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich hatte kein „Aha-Berufungserlebnis“, das mir zeigte: Hierher gehöre ich! Oft ist es der Rückblick, in dem ich Gottes liebende Führung in meinem Leben erkenne. Es ist die Freude, die ich in meinem Leben spüre, die mir zeigt, dass ich hier richtig bin. Ich bin in allen Hochs und Tiefs, die es in jedem Leben gibt, glücklich. Das ist für mich ein wichtiges Zeichen, dass ich hier richtig bin.

Zum Glauben gehören Phasen des Zweifels: Was gibt Ihnen in solchen Zeiten Halt? 

Rückblicke auf Gewesenes, der Rückblick auf Gottes Führung in meinem Leben: „Zufälle“, die ich eben nicht als pure Zufälle, sondern als Fügungen Gottes sehe. Den Blick auf andere Ordensleute, auf die Heiligen wie den heiligen Franziskus, die auch immer wieder Zweifel hatten, aber sich immer an Gott festmachten. 

Was würden Sie einem jungen Menschen raten, der sich ernsthaft darüber Gedanken macht, die Profess abzulegen? 

Vertrauen! Es wagen und Vertrauen haben in Gott, Vertrauen in Gottes Liebe und Führung, Vertrauen in seine barmherzige Liebe, die das Beste für uns will und uns führt.Gott enttäuscht nicht und ist treu!  Ich würde dem jungen Menschen raten, sich darauf einzulassen und sich dann ernstlich zu prüfen. Es ist ein Leben, das es wert ist, gelebt zu werden. Die Nachfolge Jesu als Ordenschrist ist kein langweiliges, sondern ein überaus spannendes Leben.

In welcher Lebenssituation würden Sie von einem Eintritt ins Kloster abraten? 

Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass das Ordensleben herausfordernd und bereichernd ist. Es ist ein erfüllendes Leben, doch muss jeder und jede selbst in der Stille, im Gebet herausfinden, was der eigene Weg ist. Das Ordensleben ist auf keinen Fall die Lösung, wenn man persönliche Probleme hat. Das Kloster ist kein Ort für „Weltflüchtige“. 

Interview: Sascha Zimmermann

02.12.2017 - Gottesdienst , Orden