Lange Nacht der Kirchen in Günzburg

Gute Resonanz gefunden

GÜNZBURG – Die Premiere ist geglückt. Von der ersten ökumenischen Nacht der Kirchen in Günzburg waren die Vertreter der Geistlichkeit und auch das Publikum begeistert. „Die Resonanz war deutlich größer als erwartet“, erzählt Friedrich Martin, einer der beiden evangelischen Stadtpfarrer.

„Wir hatten niedrigschwellige Angebote und eine gute Mischung aus Besinnung, Konzerten und Texten“, ergänzt der katholische Stadtpfarrer Christoph Wasserrab. Zwischen 19 und 23 Uhr liefen zahlreiche Veranstaltungen zeitgleich, sodass sich die Zuschauer entscheiden mussten.

In der evangelischen Auferstehungskirche führte eine ökumenische Spielgruppe ein Theaterstück aus der Feder des zweiten evangelischen Stadtpfarrers Alexander Bauer auf. Es erzählte von der Entstehung des Kirchenliedes „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Dieses Lied wurde umrahmt von einer Orgelimprovisation und in einem perfekten vierstimmigen Chorsatz vom evangelischen Kirchenchor dargebracht. Das Stück führte in düstere Zeiten. Denn das Lied entstand zur Pestzeit im Jahr 1597. 

Der Textdichter Philipp Nicolai war Pfarrer der Stadt Unna in Westfalen. Durch das Wüten der Pest fürchten die Bürger, dass sie alle nur noch ein kurzes Leben haben. Also nehmen sie keine Rücksicht mehr aufeinander, sie schlagen sich zum Beispiel wegen ein paar Talern die Köpfe ein. „Ach wenn ich doch nur Worte finden könnte dafür, dass es etwas Größeres als den Tod gibt“, wünscht sich der Pfarrer. Schließlich schreibt er ein Lied über das Gleichnis von den klugen Jungfrauen. Dadurch will er die Gemeinde ermutigen, gerade in schweren Zeiten das Licht des Glaubens brennen zu lassen. 

Zu den besinnlichen Impulsen gehörte ein Friedensgebet in der Hofkirche. Denn dort steht schon seit vielen Jahren ein Nagelkreuz, das demjenigen in der Kathedrale von Coventry nachempfunden ist. Heute werden vor Nachbildungen dieses Kreuzes weltweit regelmäßig Friedensgebete abgehalten. Carsten Schultz-Ninow vom Verein Freunde der Hofkirche wies mit Blick auf die aktuellen Nachrichten in Film, Funk und Presse darauf hin: „Gerade heute schreit die Welt nach Frieden.“

In der Frauenkirche präsentierten Schülerinnen des benachbarten Maria-Ward-Gymnasiums einen Poetry Slam, also eine moderne Form des Dichterwettstreites. Eine evangelische Christin erzählte, sie habe sich lange Zeit gefragt, ob sie den Glauben wirklich brauche. Aber als sie dann in einem Konfirmandencamp mit anderen über Gott sprechen konnte, merkte sie, dass dies tatsächlich etwas Notwendiges für sie war.

Zu den Teilnehmerinnen gehörte auch eine Muslima. Sie erzählte davon, dass Juden, Christen und Muslime eigentlich nicht so verschieden seien. Aber Attentäter im Namen des Islams seien keine Moslems, sondern kranke Menschen. Das gelte ebenso für Terroristen, die angeblich jüdischen oder christlichen Glaubens seien.

In der Heilig-Geist-Kirche präsentierte der dortige Organist und Chorleiter Wolfram Seitz Vertonungen von Gedichten von Jesse Thoor. Dabei stand ihm der Pianist Jürgen Steber zur Seite. Dieser sang mit seiner schmeichelnden Tenorstimme: „Wenn der Tag vergeht, endet alles Leid, und das arme Herz ruht in Heiterkeit“. Dazu gab es von der Orgel mal meditative Melodien in Dreiklängen und Dauertönen, mal die zwitschernde Begleitung eines hüpfenden Piano-Themas.

Martin Gah

31.10.2019 - Bistum Augsburg