Besorgniserregende Statistik:

17,3 Millionen Deutsche von Armut oder Ausgrenzung bedroht

In Deutschland waren im Jahr 2022 gut 17,3 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das waren 20,9 Prozent der Bevölkerung, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte. Die Statistiker werteten erste Ergebnisse der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) in der EU aus. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. So waren im Jahr 2021 knapp 17,3 Millionen Menschen oder 21,0 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Eine Person gilt in der EU als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn entweder ihr Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze liegt, ihr Haushalt von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen ist oder sie in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung lebt. 

2022 war etwa jede siebte Person (14,7 Prozent der Bevölkerung oder 12,2 Millionen Menschen) in Deutschland armutsgefährdet. 2021 hatte die Armutsgefährdungsquote 16,0 Prozent betragen. Nach EU-SILC gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland netto bei 1.250 Euro im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag der Schwellenwert bei 2.625 Euro im Monat. 

6,1 Prozent der Bevölkerung oder 5,1 Millionen Menschen in Deutschland waren 2022 von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen (2021: 4,3 Prozent). Die Betroffenen waren zum Beispiel nicht in der Lage, ihre Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren, abgewohnte Möbel zu ersetzen oder einmal im Monat im Freundeskreis oder mit der Familie etwas essen oder trinken zu gehen.

9,7 Prozent der Bevölkerung unter 65 Jahren oder 6,1 Millionen Menschen lebten 2022 in einem Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung (2021: 9,5 Prozent). Nach EU-SILC liegt diese Situation vor, wenn die Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von 18 bis 64 Jahren im Vorjahr weniger als 20 Prozent betrug. 

Ein EU-weiter Vergleich ist nach Angaben der Statistiker derzeit nicht möglich, da bislang weniger als die Hälfte der EU-Staaten ihre Ergebnisse veröffentlicht haben. Von den derzeit vorliegenden Ergebnissen war der Anteil in Finnland im Jahr 2022 mit 16,3 Prozent am niedrigsten, am höchsten war er in Bulgarien mit 32,2 Prozent. Im Jahr 2021, für das ein Gesamtergebnis vorliegt, hatte Deutschland mit einem Anteil von 21,0 Prozent knapp unter dem EU-Durchschnitt von 21,7 Prozent gelegen.

KNA

16.05.2023 - Armut , Deutschland , Europa