"100 Prozent Respekt "

2.000 Berliner tragen Kippa - gegen Judenhass und für Toleranz

Mehr als 2.000 Berliner haben nach Polizeiangaben am Mittwochabend in Berlin gegen Antisemitismus sowie für Toleranz und Zivilcourage demonstriert. Die Kundgebung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in Charlottenburg stand unter dem Motto "Berlin trägt Kippa". Auch viele nichtjüdische Teilnehmer setzten sich die traditionelle jüdische Kopfbedeckung auf. Ähnliche Veranstaltungen gab es auch in anderen deutschen Städten. Ein Anlass war der Angriff eines Arabisch sprechenden Mannes auf zwei Kippatragende Israelis in der vergangenen Woche in Berlin.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wies eine verbreitete Meinung zurück, es gebe kaum noch Antisemitismus. Immer mehr jüdische Eltern sähen sich gezwungen, "ihren Kindern einzutrichtern, nach dem Gottesdienst die Kippa abzusetzen oder eine Basecap darüber zu ziehen".

Schuster kritisierte "Lehrer, die Antisemitismus an ihrer Schule verschweigen oder schönreden" und "Kommunen, die Neo-Nazi-Umtriebe stillschweigend hinnehmen, um den Tourismus nicht zu gefährden". Weiter mahnte der Zentralrats-Präsident: "Wenn bei Gedenkfeiern nach einem islamistischen Anschlag der Gewalttäter nicht klar benannt wird, sondern alle Religionen in einen Topf geworden werden, erweist man dem interreligiösen Dialog einen Bärendienst."

Der Zentralrats-Präsident forderte "100 Prozent Respekt für Juden, für Muslime, für Ausländer, für Homosexuelle und für alle Hautfarben". Sonst werde eine intolerante Gesellschaft zurückbleiben. Dort werde es Gruppen geben, "die sich anmaßen zu bestimmen, wer dazugehört und wer nicht".

Der Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder (CDU), verurteilte scharf, dass eine weitere Demonstration gegen Antisemitismus am Nachmittag in Berlin-Neukölln wegen Angriffen auf die Teilnehmer abgebrochen werden musste. Mit Blick auf den Antisemitismus "muss das Gerede vom Einzelfall aufhören", betonte Kauder. Er kündigte an, die Kulturminister der Länder wollten in den Lehrplänen der Schulen verstärkt Antisemitismus thematisieren.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) versprach, der Senat wolle "zielgerichtete Initiativen" vor allem für Kinder und Jugendliche fördern. Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge forderte, die deutsche Gesellschaft müsse "noch viel sensibler gegenüber jeder Form von Judenfeindschaft werden und auch versteckten Antisemitismus zurückweisen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), wandte sich dagegen, alle Flüchtlinge pauschal unter Antisemitismusverdacht zu stellen. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, betonte, Berlin sei "noch weit entfernt von der Situation in Frankreich und Belgien". Es dürfe aber nicht dazu kommen, dass Juden nur noch auf ihre Schulen und anderen Einrichtungen angewiesen seien, um geschützt zu sein. Er dankte auch den Muslimen, die an der Kundgebung teilnahmen.

KNA

26.04.2018 - Diskriminierung