"Werden wir nicht dulden"

Aufrufe zu Konsequenzen nach antisemitischen Vorfällen

Nach antisemitischen Vorfällen vor Synagogen und bei Demonstrationen in Deutschland rufen Politiker und Religionsvertreter zu Konsequenzen auf. "Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Jüdinnen und Juden in Deutschland oder Angriffe auf Synagogen in deutschen Städten", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Weiter erklärte er, das Grundgesetz garantiere Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. "Wer aber auf unseren Straßen Fahnen mit dem Davidstern verbrennt und antisemitische Parolen brüllt, der missbraucht nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern der begeht Straftaten." Diese müssten verfolgt werden, forderte der Bundespräsident. Er fügte hinzu: "Judenhass - ganz gleich von wem - wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden."

Der israelische Botschafter, Jeremy Issacharoff, hofft auf einen verstärkten Schutz in Deutschland. "Wir sind besorgt über antisemitische Akte, aber der Konflikt im Nahen Osten hat nichts mit der jüdischen Gemeinschaft hier in Deutschland zu tun. Ich bitte die deutschen Behörden dringend, alles dafür zu tun, für die Sicherheit unserer Gemeinde hier zu sorgen", sagte der Botschafter im ARD-Morgenmagazin.

Die Vorfälle rund um Synagogen in Gelsenkirchen, Münster, Bonn und Mannheim stehen in Zusammenhang mit der Eskalation der Gewalt in Nahost. In Deutschland wurden unter anderem israelische Flaggen angezündet und bei einer nicht angemeldeten Demonstration antiisraelische Parolen gerufen.

Auch Vertreter jüdischer Gemeinden zeigten sich besorgt. "Als Tochter von Holocaust-Überlebenden verstehe ich überhaupt nicht, wie so etwas wieder passieren kann", sagte die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, der Zeitung "Die Welt". Solche Vorgänge seien beängstigend und schwer zu verkraften. "Leider sind es immer wieder junge islamistische Männer, die uns Juden angreifen", sagte die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub. Der Antisemitismus komme jedoch von allen Seiten, auch von Rechten, Linken und aus der Mitte der Gesellschaft: "Die Menschen kennen keine Juden und hassen sie trotzdem."

Sharon Fehr, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Münster, sprach von einer wachsenden Verunsicherung unter den Mitgliedern. "Wer eine israelische Fahne vor einem jüdischen Gotteshaus verbrennt, stellt sich explizit gegen unsere Bemühungen eines friedlichen Miteinanders", sagte er. "Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn für die aggressive Meute ein Jude erkennbar gewesen wäre."

Die Beratungsstelle Ofek, die Betroffene von antisemitischer Diskriminierung und Gewalt begleitet, startet aufgrund der aktuellen Lage ein Krisenprogramm, das eine bessere Erreichbarkeit gewährleistet. "Die sich häufenden Beratungsanfragen zeigen schon jetzt, dass Jüdinnen und Juden hier stellvertretend angegriffen werden", sagte die Geschäftsführerin Marina Chernivsky der "Welt". Sie betont, dass nichts an der aktuellen Situation neu sei und jede israelisch-palästinensische Auseinandersetzung hierzulande schnell zu einer Verdichtung der Bedrohung für Juden führe.

KNA

14.05.2021 - Antisemitismus , Judentum , Nahost