Israel

Ausschreitungen bei Protesten gegen Justizreform

Bei Protesten gegen die von der israelischen Regierung geplante Justizreform ist es am Mittwoch zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der israelischen Polizei gekommen. In Tel Aviv setzte die Polizei Blendgranaten, Wasserwerfer und berittene Kräfte gegen Demonstranten ein, wie israelische Medien berichteten. Mehrere Demonstranten wurden verletzt, mindestens 26 an verschiedenen Orten festgenommen.

Ihnen wird demnach ordnungswidriges Verhalten und Ungehorsam gegenüber polizeilichen Anordnungen vorgeworfen. Der israelische Minister für Nationale Sicherheit, der Rechtsradikale Itamar Ben-Gvir, unterstützte das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten. Die Beamten seien "sehr geduldig mit diesen Anarchisten umgegangen", müssten aber alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, sagte Ben-Gvir laut Bericht der Zeitung "Haaretz".

Nach Bericht der Zeitung "Jerusalem Post" drangen einige Demonstranten am Mittwoch in die Jahreskonferenz des Instituts für nationale Sicherheitsstudien ein. Bei dem Versuch, sie aus dem Konferenzsaal zu entfernen, kam es zu einem Handgemenge.

Kritiker der geplanten Reform hatten für Mittwoch zu einem "nationalen Störungstag" mit landesweiten Kundgebungen und Aktionen aufgerufen. Unter anderem demonstrierten Eltern und Schüler vor dutzenden Bildungseinrichtungen im ganzen Land. Auch Studenten beteiligten sich an den Demonstrationen und blockierten an verschiedenen Orten den Verkehr. Eine Gruppe von Soldaten und Reservisten der israelischen Armee blockierte am Mittwochmorgen die Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Zeitweise wurden Züge zwischen Tel Aviv und Jerusalem umgeleitet.

Bei einer zentralen Kundgebung in Tel Aviv erklärte der frühere Direktor des Inlandsgeheimdienstes Schin Beit, Juval Diskin, die gegenwärtige politische Führung des Landes sei keine "rechte Regierung, es ist eine völlig terroristische Regierung".

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte unterdessen seine Unterstützung für Ben-Gvir, sowie für "die Beamten der israelischen Polizei, die gegen Gesetzesbrecher vorgehen, die das tägliche Leben der israelischen Bürger stören". Das Recht auf Protest sei nicht das Recht auf Anarchie, twitterte er am Mittwoch. Gewalt gegen Polizeibeamte, Straßensperren sowie Gesetzesverstöße würden nicht akzeptiert.

Die Oppositionsfraktion der Arbeiterpartei kündigte an, die Parlamentssitzung zu verlassen und sich an die Seite der Demonstranten in Tel Aviv zu stellen. Die Bilder und Berichte von den Ereignissen seien "unerträglich", heißt es in einer Mitteilung von Mittwochnachmittag.

Auch die Jesch-Atid-Fraktion des Oppositionsführers Jair Lapid schloss sich laut Bericht von "Haaretz" den Demonstranten an. Lapid rief den israelischen Polizeichef Kobi Schabtai auf, die Polizei müsse es den Menschen erlauben, "ihre Meinung zu äußern und für das Land zu kämpfen, dem sie dienen und das sie lieben".

Die Reformpläne der Regierung sehen unter anderem vor, eine sogenannte Außerkraftsetzungsklausel zu erlassen, die es dem Parlament ermöglichen würde, gegen das Grundgesetz verstoßende Gesetze zu erlassen. Demnach soll eine einfache Mehrheit von 61 Parlamentariern Entscheidungen des obersten israelischen Gerichts überstimmen können. Bereits in erster Lesung verabschiedete das Parlament zwei Gesetzentwürfe, die der israelischen Regierung größere Einflussnahme bei der Ernennung von Richtern ermöglichten sowie dem Obersten Gericht die Kontrolle über die verfassungsähnlichen Grundgesetze Israels entzögen.

Kritik an den Reformplänen kam auch aus Deutschland. Bei der Bewertung der Reform liege bei "aller Freundschaft" eine Differenz vor, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) nach einem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Yariv Levin in Jerusalem am 21. Februar vor Medien. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte sich nach einem Treffen mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen in Berlin am Dienstag besorgt über die Justizreformen in Israel geäußert. Zu den Werten, die beide Staaten verbänden, gehöre der Schutz rechtsstaatlicher Prinzipien wie die Unabhängigkeit der Justiz.

KNA

02.03.2023 - Israel , Justiz , Politik