Für gegenseitiges Verständnis

Bartholomaios I. ruft zu interreligiösem Dialog auf

Das Oberhaupt der Weltorthodoxie, der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., hat zum vertieften Dialog der Religionen und einer Kultur der Solidarität aufgerufen. Interreligiöser Dialog könne „Vorurteile abschaffen und zu gegenseitigem Verständnis sowie friedlicher Konfliktlösung beitragen“, sagte der 77-jährige Theologe bei der Entgegennahme der Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität Jerusalem am Mittwoch.

Die Welt habe in den vergangenen Jahren „eine ernsthafte wirtschaftliche, soziale und politische, mit dem Prozess der Globalisierung und ihren Auswirkungen verbundene Krise erlebt“. Die „weltweite Krise der Solidarität“ äußere sich in der Unterwerfung der Kultur unter die Wirtschaft, einem Anstieg der Armut, Migration, wachsendem religiösem Fundamentalismus und internationalem Terror sowie wachsenden ökologischen Problemen, so der Patriarch.

Den Herausforderungen könne nur gemeinsam begegnet werden. „Wir brauchen einander, wir brauchen eine gemeinsame Mobilisierung, gemeinsame Bemühungen, gemeinsame Ziele, einen gemeinsamen Geist“, so der Patriarch wörtlich. Die gegenwärtige komplexe Krise sei daher „eine Gelegenheit, Solidarität zu üben“.

Bartholomaios I. betonte die Rolle von Religionen angesichts dieser Herausforderungen. Religionen hätten wertvolle spirituelle und moralische Werte sowie ein tiefes anthropologisches Wissen bewahrt, ohne die ein Verständnis der menschlichen Kulturen nicht möglich sei.

Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie wandte sich ferner gegen religiös motivierte Gewalt und Fundamentalismus. Religion könne die richtige spirituelle Inspiration und Orientierung geben, und „Menschen menschlich machen“. Leider könne sie Menschen auch fanatisieren und dehumanisieren.

Das friedliche Zusammenleben von Juden, Christen und Muslimen im Mittelmeerraum über vergangene Jahrhunderte zeige, dass „Religionen als Instrumente von Frieden, Toleranz und Verständnis sowie zur Annäherung von Kulturen“ dienen könnten. Der größte Fehler heute sei, „dass wir bei Fragen des Friedens, der Solidarität, der Bedeutung des Lebens, der ewigen Bestimmung des Menschen und der Schöpfung nicht mehr von dieser spirituellen Kraft erwarten, die tief in der menschlichen Seele verwurzelt ist“.

KNA

07.12.2017 - Ökumene