"Kein Handlungsbedarf"

Spahn will Bedingung für Triage nicht gesetzlich regeln

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht trotz der Corona-Pandemie keine Notwendigkeit, per Gesetz zu regeln, welcher Patient im Fall von unzureichenden Behandlungskapazitäten zuerst medizinisch versorgt werden soll. "Gesetzgeberischer Handlungsbedarf zu diesen medizinischen Fragen besteht nicht", heißt es in einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine parlamentarischen Anfrage der Grünen, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag) vorliegt.

In seiner Antwort verweist das Ministerium demnach lediglich auf die gemeinsame Empfehlung mehrerer ärztlicher Fachgesellschaften und eine Stellungnahme des Deutschen Ethikrates. Die Grünen kritisierten die Antwort. "Wenn sich Ärztinnen und Ärzte bei Triage-Entscheidungen an die Empfehlungen der Fachgesellschaften und des Ethikrat hielten, hätten viele behinderte Menschen so gut wie keine Chance auf eine lebenserhaltende Behandlung", sagte Grünen-Sprecherin für Behindertenpolitik, Corinna Rüffer.

Patienten würden demnach unter anderem auf einer "Gebrechlichkeits-Skala" einsortiert. "Viele behinderte Menschen landen da weit hinten und zwar ganz unabhängig davon, ob sie mithilfe einer Intensivbehandlung wieder gesund werden könnten", beklagte die Grünen-Politikerin. "Anstatt dafür zu sorgen, dass auch behinderte Menschen eine gleichberechtigte Chance auf Zugang zur lebensrettenden Therapie bekommen, leistet die Bundesregierung verfassungswidrigen Empfehlungen Vorschub", kritisierte Rüffer. "Das ist auch aus Sicht von Ärztinnen und Ärzten untragbar, die im Fall einer strafrechtlichen Ahndung auf die Nachsicht der Gerichte hoffen sollen."

Rüffer forderte den Bundestag auf, aktiv zu werden: "Jetzt steht das Parlament in der Pflicht, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten."

KNA

21.04.2020 - Corona , Ethik , Recht & Gesetz