Streit um Entschädigung für enteignetes Kircheneigentum

Bischof: Tschechische Politik hat den Rechtsstaat zu achten

Im Streit um die Entschädigung für enteignetes Kircheneigentum in Tschechien ruft der Bischof von Pilsen, Tomas Holub, die neue Regierung zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit auf. Er verstehe, dass die Aufschnürung des Themas unter dem populistischen Aspekt „sehr sympathisch“ sein könne, sagte Holub im Interview der Zeitung „Lidove noviny“. Auch aus dem Blickwinkel des politischen Pragmatismus sei das verständlich. Wenn die tschechische Politik aber die minimale Ambition habe, ein Rechtsstaat zu bleiben, sei dies jedoch „unannehmbar“.

Es sei traurig, „dass das unter vier Augen auch alle sagen“, so der Bischof. Leider gebe es in der Geschichte viele Fälle, in denen „ein Staat aufgehört hat, ein Rechtsstaat zu sein, und dann seine Freiheit verloren hat“.

Den Einfluss der Kommunisten, die das Aufschnüren des Restitutionsgesetzes zur Bedingung für die Tolerierung der frisch vereidigten Minderheitsregierung gemacht hatten, bewertete Holub als „Bedrohung der Grundwerte der demokratischen Gesellschaft“. Dass Staatspräsident Milos Zeman im April dem Halten einer Rede vor dem kommunistischen Parteitag den Vorzug vor der Teilnahme am Requiem für den aus Rom überführten verstorbenen Kardinal Josef Beran gegeben habe, habe ihn nicht überrascht. Zeman sei in diesen Dingen „wirklich integral“.

Der 44-jährige Holub wird als ein möglicher künftiger Nachfolger des Prager Kardinals Dominik Duka gehandelt, der die Altersgrenze von 75 Jahren erreicht hat. Duka hatte die Pläne der Regierung zur Besteuerung der Kirchenrestitutionen am Wochenende „skandalös“ genannt. Nach der Sitzung der Tschechischen Bischofskonferenz im Wallfahrtsort Velehrad drohte er am Sonntag mit rechtlichen Schritten.

Die Kommunisten (KSCM) haben ihre Tolerierung der Minderheitsregierung von Ministerpräsident Andrej Babis daran geknüpft, dass die Entschädigungszahlungen für den während des Sozialismus enteigneten Kirchenbesitz mit 19 Prozent besteuert werden. Die Regierungsparteien ANO und die Sozialdemokraten haben dem zugestimmt; ein entsprechendes Gesetz wurde bereits in erster Lesung im Abgeordnetenhaus verabschiedet. Regierungschef Babis erklärte, der Wert des früheren Grundbesitzes der Kirchen sei damals zu hoch angesetzt worden.

Die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Tschechien haben die Rückgabe von rund 100.000 Immobilien, Grundstücken oder sonstigen Kirchengütern angemeldet, die in kommunistischer Zeit verstaatlicht worden waren. Insgesamt hat sich der Staat verpflichtet, den Kirchen 56 Prozent der einst konfiszierten Gebäude, Wälder und Grundstücke zurückzugeben.

Zusätzlich sollen 59 Milliarden Kronen (Tageskurs 2,27 Milliarden Euro) über einen Zeitraum von 30 Jahren an die Kirchen ausgezahlt werden. Inflationsbereinigt müsste der Staat rund 80 Milliarden Kronen (3,1 Milliarden Euro) an die Kirchen zahlen. Gleichzeitig sollen die derzeit üblichen Subventionen des Staates für die Kirchen zurückgefahren werden. Derzeit bezahlt der Staat unter anderem die Gehälter kirchlicher Würdenträger.

Die Steuer soll für jene Fälle gezahlt werden, in denen die frühere Liegenschaft nicht mehr vorhanden ist. Dadurch würden umgerechnet rund 450 Millionen Euro wieder in die Staatskasse zurückfließen.

KNA

10.07.2018 - Ausland , Bischöfe