Bischof Neymeyr leitet kirchliches Verfahren ein

Bistum Erfurt: Priester unter Missbrauchsverdacht

Wegen des Verdachts mehrfachen sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen hat das Bistum Erfurt bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen Strafanzeige gegen einen seiner Priester erstattet. Die Taten sollen sich zwischen 1962 und 1965 im heutigen Kyffhäuserkreis ereignet haben, wie das Bistum am Mittwoch bekannt gab. Der Beschuldigte lebt seit Jahren im Ruhestand und ist nicht mehr im seelsorglichen Dienst. Er bestreitet die Vorwürfe.

Zusätzlich zur staatsanwaltlichen Untersuchung leitete Bischof Ulrich Neymeyr ein kirchliches Verfahren ein. Er verbot dem beschuldigten Priester Kontakte zu Minderjährigen. Außerdem darf er bis auf Weiteres keine Gottesdienste leiten oder Sakramente spenden. Das mutmaßliche Opfer hatte sich bei einem der Beauftragten des Bistums Erfurt gemeldet, die Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger prüfen.

Bis dahin waren der gegenwärtigen Bistumsleitung nach eigenen Angaben keine Verdachtsfälle gegen den beschuldigten Priester bekannt. Auch in der Personalakte habe es keinen entsprechenden Hinweis gegeben. Außerhalb der Personalakte sei jedoch eine Aktennotiz des damaligen Personalverantwortlichen und späteren Weihbischofs Hans-Reinhard Koch von 1989 gefunden worden, die Vorwürfe dokumentierte, der Priester habe „homosexuelles Verhalten Jugendlichen gegenüber“ gezeigt. Damals sei es nach heutiger Vermutung des Bistums bei Ermahnungen geblieben, weil der Beschuldigte die Taten bestritten habe.

Der damals zuständige Bischof Joachim Wanke räumte nach Aussage des Bistums ein, einen Fehler gemacht zu haben. „Ich wünschte mir, den Vorwürfen wäre damals genauso sorgfältig nachgegangen worden, wie es heute geschieht“, erklärte er. Dann hätte er möglicherweise andere Konsequenzen ziehen müssen. „Das habe ich zu verantworten“, so der Altbischof.

Wankes Nachfolger Neymeyr kündigte an, im kommenden Jahr unabhängige Experten zu beauftragen, über die bereits gesichteten Personalakten hinaus alle im Bischöflichen Ordinariat vorhandenen personenbezogenen Akten von Geistlichen auf Hinweise sexuellen Missbrauchs zu untersuchen. „Das schulden wir den Opfern sexuellen Missbrauchs“, erklärte der Bischof.

Bereits vor der Strafanzeige gegen den jetzt beschuldigten Priester hatte das Bistum Erfurt nach eigener Aussage der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft versichert, bei Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs zu kooperieren und sämtliche von der Staatsanwaltschaft angeforderte Akten herauszugeben.

Neymeyr rief erneut dazu auf, jeglichen Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im kirchlichen Umfeld bei den Missbrauchsbeauftragten des Bistums Erfurt zu melden. Die Ansprechpartner Michael Kellert und Ursula Samietz seien unabhängig und keine Angestellten des Bistums„, betonte der Bischof.

KNA

20.12.2018 - Bischöfe , Kriminalität