Bischöfe wollen Ausweitung

Entschädigung für Missbrauchsopfer soll neu geregelt werden

Die Deutsche Bischofskonferenz will die Entschädigung von Opfern sexuellen Missbrauchs neu regeln und deutlich ausweiten. Wie der Missbrauchsbeauftragte der Konferenz, Bischof Stephan Ackermann, und der Sprecher der Opfervereinigung „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, am Mittwoch vor Journalisten in Fulda erklärten, sollen die Einzelheiten des neuen Systems zügig geklärt werden.

Auf dem Tisch liegen zwei Modelle: Das eine sieht eine pauschale Entschädigung in Höhe von rund 300.000 Euro pro Fall vor, das andere ein abgestuftes Entschädigungsverfahren, bei dem je nach Schwere des Falls zwischen 40.000 und 400.000 Euro gezahlt werden. Die beiden Ansätze hatte eine Ende Mai von der Bischofskonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe entwickelt. Ihr gehörten 28 Experten an, darunter die frühere NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter und der Bayreuther Jurist Stephan Rixen sowie erstmals auch acht Betroffene.

Laut Ackermann sieht die Bischofskonferenz, dass beide Modelle Vor- und Nachteile haben. Katsch betonte, beim pauschalen Verfahren bleibe es Opfern erspart, jede einzelne Folge eines Missbrauchs darzustellen und erneut über die Taten zu sprechen. Zudem erfordere das pauschale Verfahren weniger Zeit, weil es für Einzelfallprüfungen Entscheidungsgremien und eine Kategorisierung erlittenen Leids brauche.

Nach dem bisherigen kirchlichen System der „Anerkennung zugefügten Leids“ mit Pauschalzahlungen von rund 5.000 Euro pro Fall haben 2.100 Missbrauchsopfer Anträge auf Zahlungen gestellt, insgesamt wurden rund 9 Millionen Euro bewilligt. Für das neue System ist die Einrichtung eines Fonds notwendig. Nach Hochrechnungen müsste er mit bis zu einer Milliarde Euro gefüllt werden. Ackermann betonte, die Bischofskonferenz habe bislang nicht zu den Entschädigungssummen Stellung bezogen.

Katsch nannte es einen besonderen Moment, dass er sich am Vortag mit den Bischöfen auf Augenhöhe habe unterhalten können. Es sei ein sehr respektvolles Gespräch gewesen. Die Opfer würden nicht mehr als Störenfriede behandelt. Offen ist laut Katsch noch die Frage, wie die Orden, die kirchenrechtlich von den Bistümern getrennt sind, in die Entschädigung einbezogen werden. Ein hoher Anteil des Missbrauchs sei im Bereich der Orden geschehen, dort sei aber weit weniger Geld als in den Bistümern vorhanden.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, begrüßte die Entscheidung der Bischöfe. Der gordische Knoten werde langsam gelöst, sagte er in Berlin. Er hoffe, dass die Haltung der Bischöfe positiv auch auf andere Bereiche wie den Sport und die Bundesländer signalhaft ausstrahle. Dort müsse es ebenfalls mehr Bewegung geben. Das Vorgehen der Bischöfe könne auch eine positive Wirkung auf die Reform des Opferentschädigungsgesetzes haben. Dabei zeichneten sich bislang nur minimale Fortschritte für die Opfer von sexuellem Missbrauch ab. Die Reform befindet sich im parlamentarischen Verfahren.

KNA

25.09.2019 - Bischöfe , Finanzen , Missbrauch