Erzbischof Schick zum Deutsch-Afrikanischen Bischofstreffen

"Wir müssen die Menschen weltweit in den Blick nehmen"

Am Sonntag ist in Madagaskars Hauptstadt Antananarivo das VIII. Deutsch-Afrikanische Bischofstreffen zu Ende gegangen. Auch der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick (68), nahm daran teil. Im Interview dsagt er, was die westlichen Gesellschaften tun können, um eine positive Entwicklung in Afrika zu fördern.

Herr Erzbischof, die "ganzheitliche Entwicklung des Menschen" stand im Mittelpunkt des Treffens mit Ihren afrikanischen Bischofskollegen. Wieso gerade dieses Thema?

Ein Grund ist die Einsicht, dass eine ganzheitliche Entwicklung unserer Welt und unserer Zukunft nur mit ganzheitlich entwickelten Menschen möglich sein wird. Zudem sprechen unsere Päpste seit der Enzyklika "Populorum progressio", also seit Paul VI., immer wieder von der integralen Entwicklung des Menschen. Das haben wir als Auftrag gesehen, diesen Aspekt noch einmal beim Treffen der deutschen und afrikanischen Bischöfe zu thematisieren.

Gab es einen speziellen Grund für die Wahl von Madagaskars Hauptstadt als Tagungsort?

Madagaskar ist eines der ärmsten Länder Afrikas. Zum anderen wird es immer nur zur Hälfte oder zu drei Vierteln zu Afrika gezählt, weil die Bevölkerung eigentlich asiatisch geprägt ist. Gemeinsam mit der gesamtafrikanischen Bischofskonferenz SECAM wollten wir einmal an diesen "Zwischenraum" gehen.

Wie ist es denn insgesamt um das Verhältnis zwischen deutschen und afrikanischen Bischöfen bestellt? In einigen Fragen gibt es ja doch recht unterschiedliche Auffassungen, etwa in puncto Ehelehre. Der aus Guinea stammende Kardinal Robert Sarah etwa hat das als konservativer Wortführer mehrmals deutlich angesprochen.

Afrika hat 54 Länder. An den Treffen mit der SECAM nehmen Bischöfe und Referenten aus all diesen Staaten teil - ob nun aus Algerien oder Südafrika. Viele kenne ich inzwischen persönlich. Und mein Eindruck ist: Es gibt nicht "die afrikanischen Bischöfe". Es gibt Hunderte afrikanische Bischöfe, die sehr unterschiedlich sind. Ich erlebe sie als sehr engagiert in ihren Ortskirchen. Die Probleme dort sind - von Land zu Land - ebenfalls sehr unterschiedlich.

Die Zahl der Katholiken in Afrika ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Wird die katholische Kirche Afrikas künftig eine größere Rolle in der Weltkirche spielen?

Eigentlich tut sie das schon, wenn man sieht, welche Kardinäle im Augenblick ernannt werden. Auch mit Blick auf die gesamtkirchliche Tätigkeit in Rom wächst die Zahl der Afrikaner sehr stark. Wir spüren das ebenso hier bei uns, wo Priester aus Afrika eingesetzt werden. Das führt mitunter zu neuen theologischen Ansätzen. Da spürt man eine Kirche im Aufbruch, die zukunftsorientiert ist.

Sie haben in einer Rede beim Treffen in Antananarivo Materialismus und Konsumorientierung in den westlichen Gesellschaften kritisiert, die mitverantwortlich seien für Leid in Afrika. Wie kann es gelingen, in dieser Hinsicht zu einem Umdenken beizutragen?

Die deutsch-afrikanischen Treffen bieten zumindest eine Möglichkeit dazu. Wir stellen leider fest, dass Menschen in Deutschland und Europa - was gesamtheitliche Entwicklung angeht - sogar ein wenig retardieren. Zum Beispiel, wenn ich gesamtheitliche Entwicklung des Menschen darin sehe, dass er sich mit Leib, Geist und Seele entwickelt. Der Leib ist bei uns gut genährt, es gibt viel Anregung für den Geist. Allerdings haben wir - bezogen auf die Seele - zum Teil retardierende Elemente.

Spiritualität, die Beziehung zu Gott - das geht zurück. Geht das Gleichgewicht verloren, weil durch Konsumismus zu viel für den Leib getan wird, ist das schädlich für die Seele und die gesamte Entwicklung der Menschen. Dann wird eben das Klima geschädigt, Naturressourcen werden ungebührlich ausgebeutet. Das hängt alles zusammen.

Es gibt seit Jahren eine Partnerschaft zwischen dem Erzbistum Bamberg und dem Bistum Thies im Senegal. Was haben Sie persönlich daraus gelernt?

Wir haben vor allem in Sachen lebendige Liturgie viel gelernt. Außerdem ist ein offenes Eintreten für den Glauben im Senegal vollkommen üblich. Das geschieht hier eher wenig, verschämt und zumeist nur in kleinen Kreisen.

Interview: Alexander Pitz/KNA

29.05.2018 - Afrika , Weltkirche