Essener Tafel-Chef erwägt Rücktritt

Merkel: Keine Kategorisierung vornehmen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich besorgt über die Situation bei der Essener Tafel gezeigt. „Ich glaube, da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen“, sagte sie am Montag in einem Interview des Senders RTL. „Das ist nicht gut, aber es zeigt auch den Druck, den es gibt.“

Weil der Anteil nicht-deutscher Klienten auf drei Viertel angestiegen ist, nimmt die Essener Tafel derzeit nur noch Deutsche als Neukunden auf. Durch Flüchtlinge und Zuwanderer seien ältere Tafel-Nutzerinnen und Alleinerziehende einem Verdrängungsprozess zum Opfer gefallen, so die Begründung. Diese Entscheidung war auf Widerspruch bei anderen Tafeln und in der Politik gestoßen; Bedürftige dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Merkel sagte weiter, sie hoffe auf gute Lösungen, „die nicht Gruppen ausschließen“. Die Situation zeige auch, „wie viele Menschen auf so etwas angewiesen sind“.

Unterdessen erklärte der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sator, dass er einen Rücktritt in Erwägung ziehe. „Ich bin kurz davor hinzuschmeißen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Jetzt haut ein Haufen von Politikern auf uns ein, ohne sich zu informieren.“

In der Nacht zu Sonntag wurden nach dem Zeitungsbericht sechs von sieben Tafel-Wagen mit Parolen wie „Nazis“ und „Fuck Nazis“ besprüht. Der Staatsschutz ermittle. Die Schriftzüge würden nicht entfernt, so Sartor. „Die LKW sollen durch die Stadt fahren, das sollen alle sehen.“ Zudem sagte er: „Es ist eine Schweinerei, unsere Freiwilligen so zu diffamieren.“

Sartor distanzierte sich auch vom Beifall der Rechtspopulisten: „Ich lasse mich vor keinen Karren spannen, weder von linken Politikern, noch von rechten.“ Bei der Maßnahme bleibe es, bis das Verhältnis zwischen deutschen und ausländischen Kunden wieder ausgeglichen sei.

Unter dem Motto „Lebensmittel retten. Menschen helfen“ sammeln Tafel-Organisationen bundesweit Lebensmittel ein, die im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet werden können, und verteilen sie an Bedürftige. Mit rund 60.000 Ehrenamtlichen, 934 Tafeln und etwa 2.100 Ausgabestellen gelten die deutschen Tafeln als eine der größten sozialen Bewegungen der Zeit. Die erste Tafel wurde vor 25 Jahren in Berlin gegründet.

KNA

27.02.2018 - Deutschland , Diakonie , Flüchtlinge