40 Jahre nach erstem "Retortenbaby"

Ethikrat-Vorsitzender fordert Diskurs zur Fortpflanzungsmedizin

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, plädiert für einen internationalen Diskurs über die Fortpflanzungsmedizin. In dem Bereich habe sich seit dem ersten „Retortenbaby“ vor 40 Jahren eine „ungeheuere Dynamik“ aufgetan, sagte der Erlanger Theologe am Mittwoch dem Kölner Internetportal domradio.de. Notwendig sei eine Verständigung über die Grenzen. „Da müssen noch viele Hausaufgaben auf internationaler Ebene getätigt werden.“

Nach den Worten von Dabrock gibt die Reproduktionsmedizin Menschen, die viele Jahre lang ihren Kinderwunsch nicht realisiert konnten, Hoffnung auf ein gutes Leben in der Familie. Diese Hoffnung könne aber in eine „Überhoffnung“ und eine Manie münden. „Das ist natürlich eine Gefahr“, so der evangelische Theologe. Wo Menschen sich geradezu zwanghaft etwas wünschen, würden auch oft bestimmte Industrien tätig.

Die Entwicklung der Fortpflanzungsindustrie wirft laut Dabrock die Frage auf, wie die Gesellschaft Fortpflanzung verstehen will. „Wer soll, wer darf sich verantwortungsvoll fortpflanzen? Da gibt es sicher viele Möglichkeiten, die uns gezeigt haben, dass wir neu nachdenken müssen“, so der Ethiker. Er verwies auf die Debatten über das Familienideal. „Was ist Familie? Kommt es auf den Trauschein an? Oder kommt es vor allem darauf an, dass Menschen lange und verbindlich bereit sind, ihre Treue in guten und schweren Tagen dies- und jenseits von Formularen einander zu versprechen?“ Hinzukomme die Frage, wie das Verhältnis von Fortpflanzung und Familie ist.

Eine Grenze sieht der Ethikrat-Vorsitzende darin, wenn Frauen in Drittländern als Leihmütter eingesetzt werden und keine Beziehung mehr zu dem von ihnen ausgetragenen Kind haben dürfen. Das seien komplizierte Arrangements. Zwar sei in Deutschland Leihmutterschaft verboten. „Aber wir wissen, wie schwierig das auf internationaler Ebene einzuhalten ist“, so Dabrock. Immer müsse es um das Kindeswohl gehen, worüber international gesprochen werden müsse.

KNA

25.07.2018 - Ethik