FDP für Neuwahl in Thüringen

Auch Kirchenkritik an Kemmerich

Die FDP-Fraktion will die Auflösung des Thüringer Landtags beantragen und damit eine Neuwahl im Freistaat ermöglichen. Das kündigte Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) am Donnerstagnachmittag vor den Medien an. Damit wolle die FDP den „Makel der Unterstützung“ durch die AfD vom Amt des Ministerpräsidenten nehmen. „Die AfD hat gestern durch einen perfiden Trick versucht, die Demokratie zu beschädigen“, erklärte Kemmerich.

Der Thüringer Landtag hatte ihn am Mittwoch mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD am Mittwoch überraschend zum neuen Thüringer Ministerpräsidenten gewählt. Von den 90 abgegebenen Stimmen entfielen bei einer Enthaltung im dritten Wahlgang 45 auf Kemmerich und 44 auf den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow (Linke). Der Kandidat der AfD erhielt keine Stimmen. Dass Kemmerich die Wahl mit Unterstützung der AfD angenommen hatte, löste bundesweit breiten Protest in allen politischen Lagern und den Kirchen aus.

So erklärten die leitenden evangelischen Geistlichen Ostdeutschlands in einer gemeinsamen Erklärung am Vormittag: „Die FDP- und CDU-Fraktion im Thüringer Landtag haben gestern eine rote Linie überschritten: Aus christlicher Sicht darf es keine Regierung unter Mitwirkung von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten geben.“ Die „demokratisch gesinnten Fraktionen im Thüringer Landtag“ sollten deshalb den Weg für Neuwahlen frei machen.

Unterschrieben war der Appell vom mitteldeutschen Bischof Friedrich Kramer, dem Berliner Bischof Christian Stäblein, Bischöfin Beate Hofmann von Kurhessen-Waldeck, Anhalts Kirchenpräsident Joachim Liebig sowie Nordkirchenbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt.

Sie erklärten, der Wahlhergang habe antidemokratischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Positionen Vorschub geleistet und sie salonfähig gemacht. „Für Christinnen und Christen aber hat jeder Mensch seine Würde. Aufgabe der Politik ist es nach Artikel 1 Grundgesetz, diese Würde zu wahren und zu verteidigen. Dies kann nicht gelingen, wenn mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache gemacht wird.“

Die Wahl war auch beim Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr auf Skepsis gestoßen. „Die Aufgabe eines Ministerpräsidenten besteht auch darin, das Land zusammenzuhalten. Das ist umso wichtiger, da die Gesellschaft in Thüringen nicht nur pluralisiert, sondern polarisiert ist“, hatte er zum Wahlergebnis erklärt.

KNA

07.02.2020 - Deutschland , Kirchen , Politik