Kardinal Woelki:

Theologie stärken - an Universitäten verankern

Als Vorsitzender der Kommission für Wissenschaft und Kultur der Bischofskonferenz spricht sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki dafür aus, die Theologie an den Universitäten zu stärken. "Die theologischen Fakultäten und Institute sind weitaus mehr als Ausbildungsstandorte", sagte er im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Für Theologie und Kirche sei es "von hoher Bedeutung, dass die Theologie institutionell in den Universitäten verankert ist, die ja der Ort des wissenschaftlichen Dialogs sind".

Zu der aktuellen Debatte über den Vorschlag der Bischofskonferenz zur Neuordnung der Priesterausbildung und zur Zukunft dieser Ausbildung in seinem Erzbistum wollte er sich noch nicht konkret äußern. Die Anstöße sollten "ausdrücklich Grundlage für weitere Diskussionen und Überlegungen sein, denen ich jetzt hier gar nicht vorgreifen möchte".

In dem Vorschlag wird aus dem Erzbistum Köln nur die Einrichtung "Redemptoris Mater Köln" der geistlichen Gemeinschaft Neokatechumenaler Weg erwähnt mit dem Hinweis, dieses Seminar sei nicht Gegenstand der Reformpläne. Die Priesterseminare in Köln und Bonn sowie die neu vom Erzbistum übernommene bisherige Hochschule der Steyler Missionare werden nicht als künftige Standorte der Priesterausbildung genannt.

In dem Interview sagte Woelki weiter, die theologischen Fakultäten seien "Zentren der wissenschaftlichen Erforschung des christlichen Glaubens, der Frage nach Gott und des Dialogs von Glaube und Vernunft." Ihre Bedeutung habe nicht zuletzt der Wissenschaftsrat 2010 in seinen Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen hervorgehoben.

Dort heiße es, zitiert der Kardinal, sie reflektierten "im Wissenschaftssystem die Grenzen einer rein wissenschaftsförmigen Selbstdeutung des erkennenden Menschen, insbesondere indem sie ein Bewusstsein von der Kontingenz menschlichen Handelns aufrechterhalten und der Frage nach den Bedingungen für ein Gelingen oder Scheitern menschlicher Existenz einen Ort geben."

Die katholische Theologie habe daher zu Recht auf vielfältige Weise einen eigenen Ort im deutschen Hochschulsystem. Für die Zukunft entscheidend seien - "weit über statistische Daten hinaus" - die wissenschaftliche Qualität von Forschung und Lehre und der interdisziplinäre Dialog mit anderen Wissenschaften.

Dass Theologie gefragt sei, zeige auch Neugründung des Instituts für Katholische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität, ergänzte Woelki: "Theologie am Puls der Zeit!" Weiter betonte er, ohne Theologie könne die Kirche "ihre Sendung in der heutigen Gesellschaft, die stärker noch als früher wissenschaftlich geprägt ist, gar nicht erfüllen".

In Deutschland sind aus seiner Sicht viele der von Papst Franziskus geforderten Voraussetzungen für eine gesellschaftsrelevante wissenschaftliche Theologie schon umgesetzt: "Dialogbereitschaft, Inter- und Transdisziplinarität sowie die Einbindung in wissenschaftliche und gesellschaftliche (Forschungs-)Netzwerke gehören hier zu den theologisch-wissenschaftlichen Standards."

Zudem sei auch der Blick über den Tellerrand hinaus unerlässlich: "Was erforscht die afrikanische Theologie? Welche Ansätze werden in Lateinamerika vertreten? Die für mich spannende Frage ist, was die europäische Theologie hier lernen kann." Dafür brauche es eine Bereitschaft, stärker als bisher neue Wege zu gehen und insbesondere sprachliche Hürden zu überwinden.

KNA

29.06.2020 - Kardinäle , Theologie , Universität