Nach dem Anschlag in Halle

Kirchen für wirksamere Maßnahmen gegen Antisemitismus

Nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle dringen auch die Kirchen auf wirksamere Maßnahmen gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. „Gegen Judenhass muss noch viel konsequenter vorgegangen werden als bisher“, erklärten die Leiter des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Dagmar Mensink und Rabbiner Andreas Nachama. „Christen haben hier eine besondere Verantwortung, denn sie kennen die Muster der alten Judenfeindschaft, die heute in neuen Gewändern wiederkehren.“

Mensink und Nachama kritisierten, „dass eine solche Gewalt, verbunden mit einer großen medialen Selbstinszenierung des Täters, in Deutschland verübt werden konnte“. Auch sei es zu wenig, es als Tat eines Einzelnen zu betrachten. „Weit verbreitete Verschwörungsfantasien und gemeinsam geteilter Hass gegen 'die Juden' im Netz und im Alltag bilden den Nährboden für diese menschenverachtende Gewalt.“

Bischöfe der beiden großen Kirchen forderten mehr Schutzmaßnahmen für die jüdische Gemeinschaft. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr rief dazu auf, alles zu tun, dass „dauerhaft, nicht nur punktuell, jüdische Einrichtungen geschützt sind und Juden, ohne Angst zu haben, sich versammeln und Gottesdienste feiern können“.

Zudem sagte Neymeyr, der in der Deutschen Bischofskonferenz für die Kontakte zum Judentum zuständig ist: „Aufrufe zu antisemitischen Hasstaten und selbstverständlich diese selbst müssen konsequent vom Rechtsstaat verfolgt werden.“ Auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße mahnte: „Wir müssen ernsthafter als bisher darüber nachdenken, wie jüdische Mitbürger in Deutschland sicher leben können.“

Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, und der württembergische Landesbischof Frank Otfried July äußerten sich ebenfalls tief traurig und erschüttert. July mahnte zu „widersprechen, wenn dumpfes Geraune hörbar oder Geschichtsfälschung hoffähig wird“. Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge betonte unter Berufung auf den Theologen Dietrich Bonhoeffer (1906-1945): „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“.

Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers wertete die Tat als „Anschlag auf alle, die sich zu einem friedlichen und freiheitlichen Miteinander bekennen“. Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing erklärte: „Nur durch eine Haltung, die niemanden ausgrenzt und durch eine feste Solidarität mit allen Menschen, gleich welcher Herkunft, Kultur oder Religion kann es uns gelingen, dem rechtsextremen Tun ein Ende zu bereiten“.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf schrieb in einem Brief an die jüdische Gemeinde, dass antisemitische Hetze, Anfeindungen und Gewalt in Deutschland keinen Raum haben dürften. Ähnlich äußerte sich der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Die Attacke sei „ein Angriff auf die ganze jüdische Gemeinschaft in Deutschland“, schreibt er an die jüdischen Gemeinden. Er werde „als Bürger und als Bischof“ antisemitischen und menschenfeindlichen Aktionen entgegen treten. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber versicherte die jüdischen Gemeinden der Solidarität der Christen seiner Diözese.

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode äußerte sich „gerade auch wegen der guten und vertrauensvollen Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden in Osnabrück und Bremen“ betroffen, „dass der Antisemitismus in Deutschland wieder erstarkt und so Schreckliches hervorbringt“.

KNA

11.10.2019 - Deutschland , Judentum , Terror