Kuratorium Deutsche Altershilfe:

Gesellschaft entmündigt Menschen in Pflegeheimen

Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) kritisiert den Umgang der Gesellschaft mit alten Menschen. "Pflegeheime sollten Orte des alltäglichen Lebens und normalen Wohnens sein, de facto aber bestimmen mehr denn je Schutz und Sicherheit statt sozialer Kontakte die Wirklichkeit der Bewohner", schreibt der Vorstandsvorsitzende Frank Schulz-Nieswandt in einem in Köln veröffentlichten Grundsatzpapier. "Die Gesellschaft ist in Bezug auf die Würde des älteren und alten Menschen nicht gut aufgestellt."

Wohnformen im Alter müssten Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Teilhabe älterer Menschen ermöglichen, betont Schulz-Nieswandt. Von diesem Ziel sei man aber weit entfernt: "Die Lebenswelt der Pflegeheime ist eine extreme Form der Ausgrenzung."

"Corona hat die Dichteform der Kasernierung nur noch auf die Spitze getrieben und uns damit einen Spiegel vorgehalten", unterstreicht der Sozialwissenschaftler. Die Vermeidung des biologischen Todes werde "teuer erkauft mit dem sozialen Tod". Die Gesellschaft habe die alten Menschen mit dem Argument des Schutzes isoliert. Dabei habe sie den Willen der Bewohner aber nicht erfragt, kritisierte Schulz-Nieswandt. Man müsse sich auch die Frage stellen, in welcher Lebensqualität die alten Menschen das Corona-Virus bewältigen würden, wenn dies in kleineren Lebensgemeinschaften im Stadtviertel oder Dorf statt in der Dichte des Heimlebens geschehen würde.

KNA

27.05.2020 - Corona , Gesellschaft , Senioren