Kirchen fahren Betrieb wieder hoch

Messfeiern mit Gemeinde, Mundschutz, Handschuhen – aber ohne Gesang

Am Wochenende haben die Kirchen in Deutschland wieder vermehrt öffentliche Gottesdienste unter strengen Corona-Schutzmaßnahmen gefeiert. So leitete nach sieben Wochen Pause Kardinal Rainer Maria Woelki die erste Messe mit Gemeinde im Kölner Dom. "Wir nehmen unsere Verantwortung wahr und werden dafür Sorge tragen, dass kein Leben gefährdet ist", versicherte der Kölner Erzbischof am Sonntag. Trotz der geltenden Sicherheits- und Hygieneauflagen sei er froh, wieder Gottesdienste feiern zu können. Den Gesang der Gläubigen im Dom habe er bei dieser ersten Messe jedoch vermisst.

Derzeit sollen die maximal 122 Mess-Besucher in der Kölner Kathedrale nicht singen und müssen mindestens zwei Meter Abstand zueinander halten. Dazu dienen Markierungen in den Kirchenbänken und auf dem Boden. Normalerweise bietet eine der bedeutendsten Kirchen Deutschlands Sitzplätze für rund 800 Menschen.

Dem Dom-Konzept gemäß teilte Woelki die Kommunion hinter einem Gestell mit Plexiglas aus, die Weihwasserbecken blieben leer und der Friedensgruß fiel aus. Zudem werden laut Domkapitel die Daten von Gottesdienstteilnehmern erfasst, um eventuelle Infektionsketten später nachvollziehen zu können.

Am Donnerstag hatten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länder-Regierungschefs darauf geeinigt, bundesweit wieder Gottesdienste unter strengen Auflagen zuzulassen. Ob und wann die katholischen Bistümer mit den Messfeiern starten, wird unterschiedlich gehandhabt.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lobte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" den Beitrag von Religionsgemeinschaften zur Bewältigung der Corona-Krise. "Christen an Ostern, Juden an Pessach und Muslime im Ramadan - alle mussten und müssen auf gemeinsame Gottesdienste und Feiern im Familien- und Freundeskreis verzichten", schrieb er in einem Gastbeitrag.

"Die Art und Weise, wie die Grundrechtseinschränkungen im Bereich der Religionsfreiheit wieder aufgehoben werden, lässt mich zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wenn wir in allen Bereichen so verantwortlich, solidarisch und besonnen vorgehen, werden wir Erfolg haben", sagte der Minister. Die Erfahrung, eine so schwere Belastungsprobe gemeinsam bestanden zu haben, werde den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken.

In einem der ersten öffentlichen Gottesdienste nach der Wiederzulassung eröffnete am 1. Mai der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die Pilgersaison im Marienwallfahrtsort Kevelaer am Niederrhein. Maria als "leidgeprüfte" Muttergottes und "Trösterin der Betrübten" sei gerade in dieser Zeit besonders wichtig, sagte er am Freitag vor rund 150 Gläubigen in der Marienbasilika.

"Es war sehr bewegend, aber total ungewohnt", sagte Bätzing der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Kommunionausteilung mit Mundschutz und vorherigem Desinfizieren etwa sei sehr gewöhnungsbedürftig, aber "es ist vernünftig und es ist gut, dass es so ist". In dieser Hinsicht sei der Gottesdienst ein guter Test gewesen.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte beim ZDF-Fernsehgottesdienst: "Wir freuen uns, dass wir wieder in der sichtbaren Gemeinschaft feiern können. Aber es ist nicht so wie vorher." In seiner Predigt ging er auf Nächstenliebe ein. "Es ist viel Liebe in unserem Land", sagte er am Sonntag in der Ingelheimer Saalkirche. "Ja, wir werden das schaffen. Wir werden zusammenhalten. Gott wird uns die Kraft dazu geben." 

KNA

04.05.2020 - Corona , Deutschland , Gottesdienst