Franziskus in Griechenland

Migrantenfrage und Dialog mit Orthodoxen prägen Papstreise

Der Umgang mit Flüchtlingen in Europa und der Dialog zwischen der katholischen und den orthodoxen Kirchen prägen die Reise von Papst Franziskus nach Zypern und Griechenland. Am Sonntag besuchte Franziskus zusammen mit der griechischen Präsidentin Katerina Sakellaropoulou ein Flüchtlingslager auf der Insel Lesbos. Das sichtlich bewegte Kirchenoberhaupt warf der Weltgemeinschaft vor, das Elend und die Hilflosigkeit von Migranten zu ignorieren. "Ich bitte euch, lasst uns diesen Schiffbruch der Zivilisation stoppen", appellierte der Papst.

Franziskus würdigte die Aufnahme von Flüchtlingen in Griechenland. Zugleich ging er hart mit der EU ins Gericht. Es gebe in Europa immer noch Menschen, "die so tun, als ginge sie dieses Problem nichts an". Immer noch gebe es Hotspots, wo Migranten und Flüchtlinge unter grenzwertigen Umständen lebten, ohne dass sich für sie eine Lösung abzeichne. "Es ist traurig, wenn als Lösung vorgeschlagen wird, mit gemeinsamen Ressourcen Mauern zu bauen, Stacheldrahtzäune zu bauen", beklagte Franziskus.

Ähnlich hatte sich der Papst bereits in Zypern, der ersten Station seiner Reise, geäußert. Er kündigte an, in den kommenden Wochen 50 Migranten nach Rom ausfliegen zu lassen. Laut Angaben der zyprischen Regierung sollen die ersten 14 Asylsuchenden am 16. Dezember Richtung Vatikan aufbrechen. Die Bewohner Zyperns rief Franziskus zum Dialog mit der Türkei auf. Dies sei nicht einfach, aber der einzige Weg zur Versöhnung. Die 1960 von Großbritannien unabhängig gewordene Republik Zypern ist seit 1974 geteilt. Der Norden wurde nach teils gewaltsamen Spannungen von türkischen Truppen besetzt.

Einen weiteren Schwerpunkt der Reise bildete der Austausch mit Vertretern der orthodoxen Kirchen. Sowohl auf Zypern als auch in Griechenland warb der Papst dafür, angesichts der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen die Welt stehe, verstärkt mit einer Stimme zu sprechen. Am Samstag bat Franziskus bei einem Treffen mit Spitzenvertretern der griechisch-orthodoxen Kirche in Athen "Gott und meine Brüder und Schwestern" um Vergebung für Fehler der Vergangenheit.

"Orthodox" ist griechisch und bedeutet "rechtgläubig". Als Schlüsseljahr für die schrittweise Spaltung der Christenheit in eine römisch-katholische und eine orthodoxe Kirche gilt das Jahr 1054. Damals exkommunizierte der römische Gesandte des Papstes den Patriarchen von Konstantinopel. Patriarch Kerullarios ließ daraufhin den Gesandten von einer Synode verdammen. Die gegenseitigen Bannsprüche wurden erst 1965 offiziell aufgehoben.

Franziskus bedauerte Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder gar nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun gehabt hätten, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt gewesen seien. "Das Unkraut des Misstrauens hat unsere Distanz vergrößert, und wir haben aufgehört, Gemeinschaft zu pflegen", erklärte der Papst wörtlich.

Am Sonntagabend wollte Franziskus erneut mit dem griechisch-orthodoxen Erzbischof von Athen, Hieronymos II., zusammenkommen. Zuvor feierte er in der Hauptstadt Athen einen Gottesdienst. Dabei ermutigte er die Teilnehmer zu Zuversicht und Gottvertrauen. "Es gibt keine Ort, den Gott nicht besuchen möchte", sagte er. Gott wende seinen Blick auch immer dorthin, wo Traurigkeit herrsche. Zum Abschluss sagte der Papst: "Morgen verlasse ich Griechenland, aber ich verlasse nicht euch."

Am Montag steht noch ein Austausch mit Parlamentspräsident Konstantinos Tasoulas sowie ein Treffen mit Jugendlichen auf dem Programm. Gegen Mittag wird der Papst dann wieder nach Rom zurückkehren.

KNA

06.12.2021 - Flüchtlinge , Papst , Reise