Antisemitismus-Vorwürfe

Nach Vorfall um jüdischen Musiker Gil Ofarim dauert die Kritik an

Der mutmaßlich antisemitische Vorfall um den jüdischen Musiker Gil Ofarim in einem Leipziger Hotel sorgt weiter für Debatten und Empörung. So forderte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, am Mittwoch in Berlin, jüdischem Leben mehr Aufmerksamkeit zu schenken und im Alltag Solidarität zu zeigen: "Es freut mich sehr, dass dies im Nachgang schon viele Menschen getan haben." Dass Ofarim den "inakzeptablen Vorgang" öffentlich gemacht habe, sei gut und wichtig.

In einem über Soziale Medien verbreiteten Video berichtet Ofarim, wie er vor der Hotel-Rezeption zunächst in einer Schlange gestanden habe. Andere Gäste seien vorgezogen worden. Später sei er von einem Mitarbeiter des Hauses aufgefordert worden, seine Halskette mit dem Davidstern abzunehmen, um einchecken zu dürfen. In zahlreichen Reaktionen bekundeten Social-Media-Nutzer ihre Solidarität mit Ofarim.

Er sagte dem ARD-Magazin "Brisant": "Dass es so hohe Wellen schlägt, hätte ich nicht gedacht. Ich bin gleichzeitig auch sehr dankbar, dass es nicht unterging und dass es die Gesellschaft mitkriegen kann. Ich hoffe, dass sich diesmal auch etwas ändern kann." Antisemitismus habe er als Sohn eines israelischen Vaters schon häufig erlebt. Ob er Anzeige gegen die Mitarbeiter des Hotels stelle, habe er noch nicht entschieden.

Das Hotel-Management in Leipzig beurlaubte laut einer Sprecherin zwei Mitarbeiter für die Dauer der Ermittlungen. Unterdessen berichtete der MDR unter Berufung auf Polizeiangaben, dass der von Ofarim beschuldigte Hotelmitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung gestellt habe und den Vorfall mit dem Musiker deutlich abweichend von dessen Aussagen schildere. Der Hotelangestellte habe zudem eine Anzeige wegen Bedrohung aufgrund der Reaktionen in den Sozialen Netzwerken gestellt.

Unter europäischen Rabbinern löste der Vorfall ebenfalls Empörung aus. "Man ist sie leid, diese täglichen Angriffe auf Juden, ob verbal, non-verbal, tätlich oder digital", erklärte der Generalsekretär der orthodox geprägten Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), Gady Gronich. "Jeder Vorfall ist einer zu viel und schadet letztlich auch dem Ruf Deutschlands und der Stadt Leipzig, ein internationaler weltoffener Standort und Gastgeber zu sein." Der jüngste Vorfall zeige erneut, dass etwa in Bildungseinrichtungen, Schulen und Medien mehr über jüdisches Leben und den Beitrag von Juden für die Gesellschaft vermittelt werden müsse. Dem schloss sich auch der sächsische Landesrabbiner Zsolt Balla an.

Der Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, sagte: "Es braucht in unserer Gesellschaft ein respektvolles und wertschätzendes Miteinander von Menschen, unabhängig von ihrer Religion oder Weltanschauung. Dieses Ziel muss Wirklichkeit werden. Dahinter dürfen wir keinen Schritt zurückweichen." Er versicherte der jüdischen Gemeinschaft seiner "uneingeschränkten Solidarität" und betonte: "Wir werden nicht zulassen, dass Unbelehrbare und geistige Brandstifter mit ihrem Hass unsere Gesellschaft vergiften. Juden und Jüdinnen sollen ihren Glauben in unserem Land offen und ohne Angst leben."

KNA

07.10.2021 - Antisemitismus , Judentum , VIP