Mehr Aufmerksamkeit gefordert

Nothilfe in Syrien problematisch

Die Nothilfe für die vom Erdbeben betroffenen Menschen in Syrien steht laut Hilfsorganisationen immer wieder vor größeren Problemen. Durch von türkischer Seite gesperrte Grenzübergänge sei es kaum möglich, die Menschen in den Katastrophengebieten im Norden des Landes zu erreichen, hieß es. Zudem steht das Land seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor fast 12 Jahren unter internationalen Sanktionen.

Der UN-Sondergesante für Syrien, Geir Pedersen, hat ungehinderten Zugang zum Erdbebengebiet im Nordwesten Syriens verlangt. Dringend benötigte Hilfe für die Zivilbevölkerung müsse ungeachtet von Grenzen auf dem schnellsten, direktesten und effektivstem Weg ankommen, sagte er nach einem Treffen der humanitären Task Force bei den Vereinten Nationen in Genf. "Nothilfe darf nicht politisiert werden", forderte Pedersen mit Blick auf Transportverbindungen in jene Gebiete Nordsyriens, die teils von Aufständischen kontrolliert werden, teils vom syrischen Regime, so auch das Gebiet um die stark zerstörte Millionenstadt Aleppo. Es gelte, alle Möglichkeiten für grenzüberschreitende Maßnahmen zu nutzen.

Zur Forderung nach einer Aufhebung westlicher Sanktionen gegen Syrien sagte Pedersen, Vertreter der USA und der Europäischen Union hätten versichert, alles dafür zu tun, dass Unterstützung ungehindert ins Land kommen könne.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) forderte derweil, die internationalen Sanktionen gegen Syrien sofort auszusetzen. Den im Katastrophengebiet tätigen Hilfsorganisationen müsse es ermöglicht werden, für ihre Arbeit Zahlungstransfers in das Land durchzuführen. "Es muss unabhängig von Sanktionen aus politischen Gründen auch im Norden Syriens sofort und umfassend geholfen werden", betonte IGFM-Generalsekretär Matthias Boehning. Die UN müsse sich nun verstärkt dafür einsetzen.

Alternative Wege, Spendengelder nach Syrien zu bekommen, offenbart etwa das Erzbistum Köln. So soll die Erdbebenhilfe einen Umweg über den Libanon nehmen, um Zugriffe durch das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu verhindern. "Je offizieller man es macht, umso wahrscheinlicher ist es, dass was abgezweigt wird", sagte der Leiter der Diözesanstelle Weltkirche-Weltmission, Nadim Ammann, dem Kölner Online-Portal domradio.de. "Viele der Partner in Syrien haben gute Kontakte in den Libanon. Und unsere Hilfe während des Krieges ging also fast zu 100 Prozent über den Libanon. Auch jetzt werden wir das so organisieren."

Gleichzeitig mahnte Reporter ohne Grenzen (ROG) generell mehr Aufmerksamkeit für Syrien an. In der medialen Berichterstattung sei das Land weniger sichtbar. Dadurch bestehe die Gefahr, dass es "die Menschen in Deutschland davon abhalten kann, sich mit der katastrophalen Lage der Menschen in Syrien auseinanderzusetzen und dadurch auch die Spendenbereitschaft geringer ist", sagte ROG-Sprecher Christopher Resch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Allerdings sei auch eine unabhängige Überprüfung der Meldungen aus dem Krisengebiet so gut wie unmöglich. Es gebe kaum belastbare Informationen, "nur einzelne Puzzleteile", sagte Resch.

KNA

10.02.2023 - Naturkatastrophe , Syrien , Türkei