Papst zu Pfingsten:

Nicht in "sterile Gewohnheiten" flüchten

Der Papst hat Gläubige in aller Welt aufgefordert, sich nicht dauerhaft in "sterile Gewohnheiten" zu flüchten. Das Pfingstfest erneuere das Bewusstsein, "dass die belebende Gegenwart des Heiligen Geistes in uns wohnt", sagte das Kirchenoberhaupt am Sonntag beim Mittagsgebet. "Er gibt uns auch den Mut, aus unseren Schutzmauern herauszukommen."

Erstmals seit dem Corona-Lockdown sprach Franziskus beim Angelus-Gebet wieder vom gewohnten Fenster des Apostolischen Palastes aus zu den Menschen auf dem Petersplatz. Dort hielten sich schätzungsweise einige Hundert Besucher auf - viel weniger als in der Vor-Pandemie-Zeit üblich. Die meisten trugen eine Schutzmaske und hielten sich an das Abstandsgebot.

Franziskus rief dazu auf, die Corona-Krise als Wende zum Besseren zu nutzen. Er sprach eigens das Amazonas-Gebiet an, wo die Lage besonders besorgniserregend sei. Es gebe massenhaft Infizierte und Tote, auch unter den indigenen Völkern. "Ich bete für die Ärmsten und Wehrlosesten dieser Region, aber ebenso für die Menschen auf der ganzen Welt", erklärte der Papst. Alle hätten ein Recht auf eine angemessene Gesundheitsversorgung. Ökonomische Interessen seien dagegen zweitrangig: "Menschen sind wichtiger als die Wirtschaft."

Zuvor hatte Franziskus die Katholiken in einer Predigt am Sonntagmorgen zur Einheit gemahnt. Auch in der Kirche gebe es unterschiedliche Meinungen, Entscheidungen, Empfindungen, sagte er bei der Pfingstmesse im Petersdom. "Aber unser Prinzip der Einheit ist der Heilige Geist." Für ihn "sind wir keine im Wind treibenden Konfettischnipsel, sondern unersetzliche Steinchen seines Mosaiks".

Entschieden wandte sich Franziskus gegen die Versuchung, "dass wir unsere eigenen Ideen bis aufs Messer verteidigen". Wer glaube, diese seien gut für alle und er komme nur mit jenen zurecht, die gleicher Meinung seien, liege falsch. "Das ist ein Glaube nach unserer Fasson, es ist nicht das, was der Heilige Geist will."

Der Feiertagsgottesdienst im Vatikan war wegen der Corona-Pandemie nicht öffentlich zugänglich. Nur einige Dutzend Gläubige durften - unter Einhaltung der gängigen Sicherheitsregeln - an der Zeremonie in einer Seitenkapelle des Petersdoms teilnehmen. Das Ereignis wurde live über TV und Internet übertragen.

KNA