Appell zu Nachbesserungen

Pläne der Sondierer zu Flüchtlingen stoßen auf Kritik

Nach den Sondierungsgesprächen haben sich Hilfswerke und Integrationsexperten kritisch zu Wort gemeldet. Das Sondierungspapier, auf das Union und SPD sich am Freitag geeinigt hatten, sei eine „vertane Chance“, sagte die Soziologin und Publizistin Necla Kelek der „Bild am Sonntag“. Die Flüchtlinge sollten „weiter verwaltet und betreut werden. Sie werden nicht als neue Bürgerinnen und Bürger gesehen“, kritisierte sie. So fehle ein eigenes Asylrecht für Frauen und Kinder; bislang seien alle Familienangehörigen an das Asylrecht des Mannes gebunden. Auch mangele es an konkreten Ideen dazu, „wie das Zusammenleben gestaltet werden soll, das Prinzip der Wertevermittlung“.

Die Diakonie appellierte die Parteien, in den anstehenden Koalitionsverhandlungen insbesondere beim Familiennachzug „noch einmal deutlich nachzubessern“. Bislang sei das Ziel offenbar gewesen, „dass möglichst viele Geflüchtete rasch wieder ausreisen“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie in Berlin.

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich auf eine Begrenzung der Zuwanderung von Flüchtlingen verständigt. Sie vereinbarten unter anderem, den Familiennachzug für subsidiär Geschützte zunächst über Mitte März hinaus auszusetzen und dann gesetzlich auf 1.000 Menschen pro Monat zu begrenzen. Diese Zahl sei „für das wirtschaftlich prosperierende Deutschland kleinherzig“, sagte Lilie.

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz verteidigte das Sondierungsergebnis. Er wies die Darstellung zurück, wonach seine Partei eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen akzeptiert habe. „Da wissen die Kritiker nicht, wovon sie reden“, sagte Schulz der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Obergrenze hieße, das Asylrecht oder die Genfer Flüchtlingskonvention auszuhöhlen. So etwas gibt es mit der SPD nicht.“

In der Sondierungsvereinbarung werde lediglich festgestellt, dass in den zurückliegenden Jahren - außer 2015 - jeweils 180.000 bis 220.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien, betonte Schulz. Eine Festlegung für die Zukunft bedeute dies nicht. Zuvor hatte es geheißen, dass die Zuwanderung laut dem Beschluss nicht die Zahl von 180.000 bis 220.000 Menschen pro Jahr überschreiten sollte - bestimmte Flüchtlingsgruppen wie Kriegsflüchtlinge oder Familiennachzügler eingeschlossen.

Die Diakonie kritisierte darüber hinaus die geplanten zentralen Aufnahmeeinrichtungen. Es erschwere die Beratungsarbeit, wenn die Flüchtlinge dort so lange bleiben müssten, bis über ihren Verbleib entschieden worden sei, erklärte Lilie. Die Parteien hätten nichts über „eine flächendeckende und unabhängige Asylverfahrensberatung“ gesagt, fügte er hinzu.

Kritik an der Flüchtlingspolitik kam auch von anderen Hilfswerken. Der Jesuitenflüchtlingsdienst erklärte, dass Union und SPD auf ein „Weiter so“ setzten und damit die tödliche europäische Abschottungspolitik verlängert werde.

KNA

15.01.2018 - Deutschland , Flüchtlinge , Politik