Landgericht Köln

Prominente Kirchenmänner sagen in Missbrauchsprozess aus

Im Missbrauchsprozess vor dem Landgericht Köln gegen einen katholischen Priester treten prominente Geistliche auf. Am Donnerstag wird der ehemalige Top-Kirchenrechtler des Erzbistums Köln - der frühere Offizial Günter Assenmacher (69) - gehört, wie das Gericht der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Und am Dienstag sagt der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße (55) aus. Er war in den Jahren 2010 und 2011 als Personalchef in Köln mit dem Fall befasst. Damit werden erstmals in Deutschland zwei ranghohe Kirchenvertreter in einem Missbrauchsverfahren als Zeugen vernommen.

Laut Anklageschrift soll sich der frühere Pfarrer U. zwischen 1993 und 1999 in 31 Fällen in Gummersbach an seinen drei minderjährigen Nichten vergangen haben - davon in drei Fällen schwer. Zudem soll der Geistliche im Januar 2011 in Wuppertal zwei Mal ein elfjähriges Mädchen missbraucht haben, das er über eine bekannte Familie kennengelernt hatte.

Für den Prozess, der ursprünglich 20 Verhandlungstage dauern sollte, setzte das Gericht mittlerweile insgesamt 29 Termine bis zum 25. Februar an. In der bisherigen Verhandlung deutete sich an, dass es weitere Opfer geben könnte.

Gegen U. ermittelte die Staatsanwaltschaft bereits 2010. Dann zog die Klägerin - eine der Nichten - jedoch ihre Anzeige zurück. Das Verfahren wurde eingestellt, und der Geistliche, der zeitweise beurlaubt war, durfte wieder als Krankenhauspfarrer arbeiten. Das Erzbistum verzichtete auf weitere Maßnahmen und meldete die Vorwürfe auch nicht an den Vatikan.

2018 rollte Erzbischof Rainer Maria Woelki den Fall im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung wieder auf. Der Kardinal meldete ihn an die Behörden und untersagte U. die Ausübung priesterlicher Dienste. 2020 klagte die Staatsanwaltschaft den früheren Pfarrer schließlich an.

Die Anschuldigungen von 2010 kommen auch in einem Aufarbeitungsgutachten für das Erzbistum Köln vor, das Juristen vergangenen März vorstellten. Die Gutachter werfen Assenmacher und Heße vor, Fehler im Fall U. gemacht zu haben: So habe Assenmacher eine falsche Rechtsauskunft darüber gegeben, ob das Erzbistum eine Meldung nach Rom hätte machen müssen; Heße habe ein Verhör U.s durch Bistumsverantwortliche pflichtwidrig nicht protokollieren lassen.

Nach der Vorstellung des Gutachtens entließ Woelki den Leiter des Kölner Kirchengerichts aus seinen Ämtern. Heße bot dem Papst seinen Rücktritt als Hamburger Erzbischof an, den Franziskus jedoch ablehnte.

KNA

12.01.2022 - Kirche , Missbrauch , Recht & Gesetz